the blue moon

the blue moon

Samstag, 11. September 2010

18.08.10 nach Jaisalmer



Die Bushaltestelle war zwar nur 5-6 Minuten von Hotel entfernt, doch wollte ich auf keinen Fall zu spät kommen. Insofern machte ich mich viertel vor 6 auf dem Weg und es war noch ziemlich düster als auf die Straße trat. Dabei ist es dann passiert: zum ersten Mal machte ich in Indien die Bekanntschaft mit Kuhscheiße. Wurde auf Zeit. In Deutschland versucht man ständig der Hundescheisse auszuweichen, hier … na ja, ihr wisst was ich meine. So richtig glücklich war ich aber nicht mit der neuen Erfahrung.
Relativ pünktlich fuhr der Bus nach Abu Road, wo ich 40 Minuten später ankam. Am dortigen Busbahnhof startete der Bus um 7 für seine lange Fahrt nach Jaisalmer. Die Aussagen über die Dauer der Reise variierten zwischen 9 und 12 Stunden. Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst. Doch wider erwartend war es mit die angenehmste Busfahrt in ganz Indien. Gar nicht langweilig und bis auf ein paar aufdringliche Verkäufer, die an den Haltestellen den Bus stürmten, auch nicht nervig. Vorsichtshalber habe ich während der ganzen Zeit kaum was getrunken, geschweige denn etwas gegessen.
Als wir uns dem Ziel näherten bestieg etwa 5 km vor der Stadt noch ein Fahrgast den Bus. Dieser hatte nichts anderes im Sinne als nach potenziellen Kunden für eine Herberge Ausschau zu halten. Nicht schlecht, dachte ich. Da ich offensichtlich der einzige Tourist war, beschwafelte er mich die letzten Minuten mit seinen hervorragenden Angebot.
Als ich schließlich um 18 Uhr in Jaisalmer aus dem Bus stieg (etwa eine Stunde dauerte unterwegs das reparieren eines defekten Reifens), konnte ich mich vor weiteren Offerten kaum retten. Insofern war ich froh den Couchsurfer Kavi anrufen zu können, der mir jemand schickte um mich abzuholen. Ein Jungspunt tauchte nach kurzer Zeit mit einem Auto auf. Gemeinsam fuhren in die Stadt.
Dazu muss ich jetzt ein wenig ausholen: Jaiselmer liegt mitten in der Wüste Thar. Nicht zuletzt deswegen habe ich mir dieses Etappenziel ausgesucht. Denn ich als kleiner Romantiker wollte der Wüste einen Besuch abstatten. Bei einer Kamelsafari hoffte ich entspannende Ruhe, um nicht zu sagen, die Geräuschlosigkeit der Wüste zu erfahren. Während der bestimmt 500 km Tour durch den Bundesstaat Rajasthan hat sich das Landschaftsbild zwar merklich verändert. Aber, wie man vielleicht annehmen sollte, durchquerten wir keinesfalls bzw. erreichten wir nicht einen riesigen Sandkasten! Was mich schon ein wenig enttäuschte. Die Stadt an sich machte wiederum einen beschaulichen Eindruck. Eine hohe Stadtmauer umschloss die sandfarbigen Häuser, wodurch man sich ein wenig wie in Tausendundeinenacht versetzt fühlte.
Der Knabe führte mich zu einem Guesthouse, wo ich anstelle bei Kavi, während meines Aufenthalts in der Stadt nächtigen sollte.
Auch dazu ist eine weitere Erklärung von Noeten: Kavi legte in seinem Profil die widrigen Umstände des Grenzgebietes zu Pakistan dar. Angeblich erlaubt der Staat Indien keine fremde Unterbringung außerhalb von Hotels. Kavi hat aufgrund dessen mit einem Freund die Vereinbarung getroffen, seine Gäste in seinem Guesthouse unentgeltlich unterbringen zu dürfen. Insgesamt eine komische Angelegenheit: Blaisse hat mich in Goa von der „hinteren herum Masche“, sprich Tricksermentalitaet der Rajasthanis gewarnt.
In der Herberge wurde ich im vorbeigehen von Kavis Freund begrüßst (was ich erst irgend wann später erfuhr). Zunächst führte mich mein Erstkontakt in ein ziemlich gutes Zimmer und grinste mich bei der Frage an, ob ich jetzt glücklich sei. Doch das Glück in diesem Zimmer zu verweilen hielt nicht lange an. Denn schon nach kurzer Zeit wurde das Zimmer gegen ein anderes, nicht minder schlechtes eingetauscht. Das zuerst zugewiesene Zimmer war schon für einen noch kommenden Gast reserviert. Im Nachhinein muss ich sagen, war die Aktion exemplarisch für den gesamten Aufenthalt in dem Hotel: Die ganze Zeit über kam man sich wie Manövriermasse vor. Vereinbartes wurde nicht eingehalten, über Gesagtes wurde nicht mehr gesprochen Vertrauen konnte man zu keinen der Knaben haben und weibliches Personal gab es nicht.
Nachdem ich meine erste Mahlzeit an diesem Tag eingenommen habe, kam Amin (so war der Name von Kavis Freund) auf mich zu, klagte mir sein Leid, wie viel er zu tun hat und machte mir dabei ein „hervorragendes Angebot“ über eine Kamelsafari. Als ich mich nach den Preis erkundigte (per Mail hatte ich mich bei Kavi über die Preise erkundigt. Dieser teilte mir eine Preisspanne zwischen 1000 – 1800 Rupien pro Tag mit) legte Amin los: Dass kommt ganz darauf an, was für eine Safarie machen möchte. Ob es eine ganz normale Tour werden soll oder eine „very, very, very good Safari“. Ich meinte nur – wie viel? Für eine Tour über 3 Tage mit diesem und jenem = 1250 Rupien pro Tag. Nach kurzer Überlegung schien mir der Preis akzeptabel und ich willigte ein. Dazu muss ich sagen, Amin kam wirklich gut rueber, seine Masche gepaart mit einer nicht unsympathischen Art, war schon nicht schlecht – eben typisch, für einen erfolgreichen Trickser. Später habe ich ein wenig den überhasteten Entschluss bereut. Andere Anbieter, die es selbstverständlich zu hauf in der Stadt gab, wollten für den Tag zwischen 5oo und 800 haben. Aber man weiß es nicht. Wie man's macht, man macht's verkehrt! Im Endeffekt fand ich den Preis nicht übertrieben. Und wer weiß, wie es mir bei jemand anders ergangen wäre. Selbstverständlich musste ich daran denken, dass die ganze Masche mit dem Couchsurfing und so weiter, mit zum Spiel zählte. Insbesondere als ich am folgenden Tag, das tolle Zimmer mit einem Loch eintauschen musste. Weil das Zimmer – natürlich – für andere Gäste reserviert war: Eben, Manövriermasse!
Doch zuvor habe ich mit Amin einen recht netten Abend verbracht. Er fuhr mit mir in einem Jeep raus aufs Land. Wo er mir einen Platz für verliebte zeigte. Schon zuvor kam er auf das deutsche Verhältnis zu Schwule zu sprechen und mir wurde nach kurzer Zeit deutlich, dass Amin vermutlich Schwul war. Aber was macht dass schon? Ich habe keine Probleme mit Tunten. Jeder wie er es mag. Auf dem Rückweg bat ich Amin an einem Geldautomaten vorbei zu fahren. Dort passierte mir eine recht lustige Geschichte (man muss dazu sagen, dass es in Indien zwei Varianten von Geldautomaten gibt. Die eine Ausführung funktioniert wie bei uns, bei der anderen steckt man die Karte in den Schlitz und muss diese sofort wieder entnehmen. Erst dann tippt man die Geheimzahl ein. Der fragliche Automat war von der zweiten Ausgabe): Inzwischen war es recht dunkel und die Tür vom Geldautomatenhaeuschen stand offen. Da es drinnen hell erleuchtet war, flogen in dem Raum tausende von Fliegen, Falter, Käfer, Mücken und sonstiges Getier herum, die von dem Licht angezogen wurden. Von den Ereignissen des Tages sowie von dem Gewimmel um mich herum, war ich wohl so verunsichert, dass ich nicht mitbekam wie ich meine Visa-Karte nach den ersten Akt einfach in die Hosentasche steckte, und nicht in mein Portmonee. So wunderte ich mich, dass der Automat nach der Geldentnahme die Karte nicht wieder ausspuckte. Mehrere Minuten probierte ich alle möglichen Schritte und Knöpfe, doch die Karte kam nicht aus dem Schlitz. Während dessen attackierte das Ungeziefer mich von allen Seiten. Amin, der im Wagen auf mich wartete, wurde so langsam unruhig und kam auf mich zu. Nachdem ich ihn die Situation schilderte, probierte auch er alle Möglichkeiten. Wir besprachen das Problem und kamen zu dem Schluss, dass es wohl das Beste wäre zur Polizei zu fahren. Die zwei Beamten, die uns schon vor dem Gebäude empfangen haben, zuckten nur mit den Schultern und meinten, es gäbe nur die Möglichkeit am folgenden Morgen die Bank aufzusuchen. Eine Alternative dazu fiel mir auch nicht ein. Gedanklich spielte ich die Geschichte noch mal durch. Griff dabei in meine Hosentasche. Wo ich, glücklich wie ich war, die Karte wiederfand. Zwar war mir die ganze Geschichte ziemlich peinlich, doch musste ich Amin meine Schusseligkeit Wohl oder Übel gestehen. Schmunzelnd fuhren wir zurück zur Herberge, wo ich mich froh über die Entscheidung nach Jaisalmer gefahren zu sein, in die Abgeschiedenheit meiner Räumlichkeiten zurückzog.
Ach, fast hätte ich es vergessen: Kavi tauchte am Abend noch auf, sodass ich ihn ebenfalls zumindest kurz kennen lernte.
Herrlich fand ich die flachen Dächer der Häuser. Wie man auf dem letzten Bild sieht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen