the blue moon

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Freitag, 30. Juli 2010

24.07.10 in Arac






Am folgenden Morgen sind Erdogan und ich mit der Oma in die Berge gefahren. Es ist eine schöne Gegend ohne Zweifel, die allen Anschein nach auch unter Naturschutz steht. Doch erst habe ich vermisst: Wanderwege. Nirgends sah ich Hinweisschilder oder Wegweiser, die auf ein Wanderweg hindeuteten. Alte, zum Teil verfallene Hütten dienten wohl auch als Unterkunft für „Camper“. Wir trafen, vermutlich auch weil Wochenende war, Familien, die dort ein offenes Feuer machten. Eine gute Sache – sicherlich – doch ich musste auch an die Brandgefahr denken. Dass war wiedermal eine Sache, die in Deutschland nicht möglich wäre.
Am Nachmittag musste ich noch unbedingt ein paar Dinge im Internet erledigen. Erdogan brachte mich daraufhin in das Beste Internetcafé meiner bisherigen Reise. Es war ein open air Café: man saß unter alten Pinien, bekam einen Laptop inkl. Maus und Stromversorgung. Für den morgigen Flug benötigte ich die Bordkarten, die es bei Qantas mittlerweile Online zum Selberausdrucken gibt. Auch wollte ich nach meinen Couchsurfing Anfragen in Goa schauen. Leider gab es keine Antworten. Doch darauf hatte ich mich schon vorbereitet und stellte mir als Alternative eine Hütte am Strand. Dazu fand ich eine Internetseite, wovon ich mir die Daten notierte. Leider konnte man nicht in dem hervorragenden Café die Dinge ausdrucken. Deswegen mussten wir zu einem andere Internetcafé, das sich in unmittelbarer Nähe befand. Dort angekommen, wies mir der Inhaber gleich einen Rechner zu. Doch dessen Tastatur war so abgenutzt, sodass ich fast keine Buchstaben erkennen konnte. Worüber ich herzlich Lachen musste, mich aber auch ein wenig ärgerte. Auf das Manko verwiesen, stellte mir der Inhaber seinen Computer zur Verfügung. Wo ebenfalls die Buchstaben schon so abgewetzt waren, dass man sie nur noch schemenhaft oder gar nicht mehr erkennen konnte. Mit Hilfe des Inhaber schafften ich es schließlich, die gewünschten Papiere auszudrucken.
Nach der Geschichte fuhrt Erdogan mit mir zu einer Schule wovor einige Autos parkten. Ein Wagen war verpackt wie ein Geschenk, da wusste ich jetzt geht es zu der Folgeveranstaltung von gestern: Eine Hochzeit!

Die Aula der Schule war gut gefüllt. Kaum haben wir die Schwelle übertreten wurden wieder Hände geschüttelt; uns wurde ein Platz zugewiesen und wir erhielten ein paar Kekse sowie ein kleinen Tetrapack Limonade mit Strohhalm. In der Mitte des Saals spielte das Duo von gestern Abend: Es war nicht zum aushalten laut – unfassbar – es hallte dermaßen, dass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Normal hätte ich lauthals darüber gelacht, doch hier war es sicherlich absolut unpassend. Obwohl, als ich nach dem Spektakel an meinem Tisch mit Gesten auf die Absonderlichkeit des letzten Ereignisses verwies, mussten alle darüber schmunzeln. Im Anschluss wurden ein paar Reden gehalten, die Hochzeitstorte wurde herein gefahren und angeschnitten. Und einige der anwesenden Männer (dazu zählte auch Erdogan) schickten sich an dem Paar zu gratulieren. Wobei ich beobachtete, dass Erdogan zuvor 50 TL seiner Geldbörse entnahm. Ich wusste, dass es Brauch ist den frisch Vermählten Geld zu schenken. Als ich über die ganze Geschichte nachdachte wurde es zunehmend deutlich: In der Aula befand sich ein Großteil der Dorfbewohner. Alle mussten nun, dass die Beiden miteinander verheiratet sind – es wurde verifiziert. Die Dorfgemeinschaft trug mir ihren Gaben zu einem gelungenen Start des neuen Lebensabschnitts bei. Zudem war es eine Art Gemeindefest. Die Menschen trafen sich, und, und, und.... Na ja, irgendwie machen die Traditionen Sinn. Aber ich kann auch Emre verstehen, der zu mir sagte, er könne dort im Dorf nicht mehr wohnen.
Am Abend musste Erdogan dem offiziellen Fest beiwohnen; zudem vermutlich nur ein kleinerer Kreis geladen war. Doch zuvor bereitete er wieder eine hervorragende Mahlzeit mit den kleinen Ofen. Ich begab mich relativ früh zu Bett. Da ich am folgenden Tag bestimmt nicht gut Ruhen werde.
Erdogan hat beschlossen mich zu einem Ort zu fahren, von dem ich ein Bus nach Ankara nehmen kann, der zeitlich gesehen für mich am ehesten in Frage kam. Dazu mussten wir nach seiner Einschätzung um 7 Uhr mit dem Auto losfahren.

Mittwoch, 28. Juli 2010

23.07.10 von Canakkale nach Arac


Um 9:30 kam ich in Ankara an. Leider konnte ich nicht wie erhoffte unmittelbar in einem Anschlussbus umsteigen, sondern musste erneut, wie schon in Istanbul, bis 14:30 warten. Im Trubel des natürlich riesigen Busbahnhofs fand ich erst nach einigen Suchen ein etwas abgeschiedenes Café. Dort war es nicht nur möglich erheblich ruhiger zu verweilen sowie günstiger etwas zu trinken und zu essen kaufen, sondern auch die dort vorhandene Toilette benutzen. Besucher aller anderen Etablissements des Klotzes mussten die kostenpflichtigen Toiletten aufsuchen. Was ich ehrlich gesagt als Unverschämtheit empfand.
Anyway, auch die Zeit verging – und - es noch nicht einmal langweilig. Das Ziel, die Wohnstätte von Emres Vater Arac wurde schließlich um 19 Uhr erreicht. Unterwegs setzte ich Emre via SMS über die planmäßige Ankunftszeit 18:30 in Kenntnis. Trotz der Verspätung erwartete Ergogan mich am dortigen Otogara. Nach der herzlichen Begruessung fuhren wir zu seinen schön gelegenen Haus. Das ebenfalls von einer älteren Dame bewohnt wird: Emre hatte mir schon zuvor in Canakkale berichtet, dass die Frau eine sehr entfernte Verwandte sei und von dem Vater aufgenommen wurde. Seitdem kümmert er sich um die noch recht fit erscheinende 94-jaehrige.
Da seit meiner Abreise aus Canakkale mittlerweile 20 Stunden vergangen waren, während dessen ich kaum geschlafen oder zumindest bequem geruht und ich außer ein paar Kleinigkeiten nichts vernünftiges gegessen hatte, war ich sehr dankbar für das folgende von Erdogan auf einen kleinen Ofen zubereitete Mahl. Wonach Ergogan meinte mir noch ein wenig Arac zeigen zu müssen. So fuhren wir in das kleine Städtchen von 5800 Einwohnern (was in der Türkei immer am Ortseingangsschild veröffentlicht wird. Wobei die Frage - wie oft die Schilder wohl ausgewechselt werden? - von mir nicht gestellt wurde).
Im Ort bogen wir in eine kleine Straße ein in der es hoch her ging. Laute Musik beschallte ein Haufen von schaetzungsweise 100 Leuten: wovon nahezu die Hälfte aus Kindern bestand. Das aus meiner Sicht bemerkenswerte Event verließen wir nach kurzer Zeit schon wieder, um ein Anderes aufzusuchen. Unterwegs stellte ich überrascht fest, wie viele Menschen sich zu später Stunde noch in dem Städtchen bewegen.
In der nächsten Veranstaltung wurde strikte Geschlechtertrennung praktiziert: Frauen lauschten und tanzten z.T. zu der auch nicht gerade leisen Musik. Die Männer hingegen saßen unter ein Art Baldachin ohne Getränke vor sich in Reihe und Glied und plauderten - sofern sie etwas zu plaudern hatten. Als wir eintrafen wurden sogleich einige Hände geschuettelt und uns etwas zu essen hingestellt, was scheinbar auch für uns bestimmte war. Doch nach den üppigen Mahl zuvor war ich – Höflichkeit hin oder her – nicht in der Lage ein weiteres Mal zu zuschlagen
Die Siedlung wurde aber nicht nur Aufgrund der Feier (oder was es auch immer war. Denn ich fragte mich, ob es freitags Abend immer so zugeht) aufgesucht, sondern auch weil – was ich wiederum zunächst nicht verstand – der Vater dort eine weitere Wohnung unterhält. Nach einem Aufenthalt von einer halben Stunde, in der ein auch etwas später erschienener adrett gekleideter Herr mit mir versuchte Deutsch zu sprechen, verließen wir wieder die Veranstaltung, um zur Ersten zurück zu kehren. Dort wurde zwischen zeitlich eine Schueppe drauf gelegt: 2 Musiker gaben nicht musikalisch, sondern auch vom Auftritt her ihr Bestes. Der Trommler nahm, während er mit einer großen Trommel vor dem Bauch trommelte, Geld, welches von einigen Anwesenden auf den Boden gelegte Geld wurde, mit Mund auf. Doch nach einiger Zeit bekam er mit den ganzen Scheinen im Mund erhebliche Schwierigkeiten weiteres Geld zu picken, ohne dabei schon erhaschte Scheine zu verlieren. Vielleicht kommt daher der Spruch – man soll den Mund nicht zu voll nehmen. Nachdem auch hier einige Hände geschüttelt waren, wurde uns ein Platz auf den Stühlen offeriert. Es war eins der ungewöhnlichsten Spektakel der letzten Jahre, dem ich anschließend beigewohnt habe:
Das Getrommel und Geflöte ging noch einige Zeit; wo zu dann auch schon Mal getanzt wurde. Doch der richtige Tanz begann erst nach dem Auftritt der Musiker. Durch laute zum Teil schrille und übersteuerter Beschallung aus den Lautsprechern. Selbst die jungen Kerle mit wilden T-Shirt und moderner Hose ließen sich nicht lumpen und tanzten in dem Stil von Alexis Sorbase. Bei den Mädels sah es so aus, dass selbst die jüngsten ihren Hüftschwung mit einem Tuch voller goldener Taler am Saum betonten. Rundherum saßen oder standen ein Haufen Leute sowie potenzieller Tänzer. Eerdogan und mir wurden dann ein paar suesse Blätterteigteilchen gereicht, die sich nicht zurückgeben ließen. Später beobachtete ich Erdogan, wie er auf der anderen Straßenseite einer Frau vertraut die Hand hält Da wusste ich: Das ist seine Ehefrau! Gemeinsam fuhren wir kurz darauf zurück zu der Siedlung und betraten die Wohnung im Kellergeschoss. Wie ich richtig vermutete, bewohnt Erdogan ebenfalls die Wohnung. Wobei mir rätselhaft blieb warum er sie mir nicht schon zum früheren Zeitpunkt präsentierte. Vieles des insbesondere ländlichen Lebens der Türkei wird natürlich durch die religiös unterlegten Verhaltensweisen bestimmt. Dazu zählte auch, dass sich Edogan ganz verstohlen umblickte, als beim Betrachten seiner Bilder plötzlich ein Bild seiner Frau ohne Kopftuch auftauchte (und schnell wieder verschwand).
Zu guter Letzt an diesem Tag fuhren schließlich wieder ins Heidehaus - wie Emre es nannte, wo wir uns zum Schlafen betteten. Erdogan fuhr also nicht wieder zurück: Er schlief gemeinsam mit der Oma und mir in dem Haus.

28.07.10 Goa



Mittlerweile bin ich in Goa heil und munter angekommen bzw. schon den 3. Tag hier. Ist natuerlich alles ziemlich spektabulaer und nicht so leicht erzaehlt. Auch weil ich mal wieder in eines dieser Internetcafes sitze und mich mit den Umstaenden arrangieren muss. Ausserdem bin ich laut Block noch in der Tuerkei bei Emres Vater - wo es auch nicht schlecht war.
Also wird diese Geschichte ein anderes Mal erzaehlt. Zunaechst folgen the last days of Turkey.

Donnerstag, 22. Juli 2010

17.07.10 – 22.07.10 Canakkale


Um die Geschichte endlich abzuschließen. Sonst komme ich gar nicht mehr zu Rande.
Folgende Fakten:
Da ich weder eine Couch in Ankara noch auf meine sonstigen Anfragen eine positive Antwort erhielt, beschloss ich bis Donnerstag (den 22.07.) bei Emre zu bleiben. Es war eine sehr entspannte Zeit, die ich überwiegend gemeinsam mit Emre im Haus verbrachte - was bei der Hitze wohl auch das Beste war. Besonders lustig während dieser Zeit fand ich den Umstand, dass wir wegen der Hitze immer in Unterhosen in der Wohnung herumliefen.
Ach ja, ich vergaß fast zu erwähnen, dass der Mitbewohner von Emre noch vor dem Wochenende auftauchte – ebenfalls ein netter Kerl. Völlig enttäuscht hat er die Arbeit auf der Insel hingeschmissen. Man hatte ihn dort nur als billige Arbeitskraft ausgebeutet. In 2 Monaten hat er bei oftmals 16 Stunden Schichten nur 800 Euro verdient. Der Kollege verließ uns am Montag wieder, um seine Eltern in der Nähe von Istanbul zu besuchen.
Zu Mehmets Fest bin ich nicht gegangen. Auch weil ich ihn nicht mehr anrufen konnte, da ich kein Gesprächsguthaben mehr hatte.
Mit dem Vater von Emre habe ich vereinbart, dass ich ihn am Freitag besuchen komme. Dort werde ich mein letztes Wochenende vor dem großen Sprung über den Teich verbringen.

16.07.10 Canakkale



Da Emre anders zu tun hatte, war ich am Freitag auf mich allein gestellt Er konnte und vielleicht wollte er auch nicht länger als Touristen-Guide fungieren. Was man ja auch verstehen kann. Ich war Emres 41-zigster Besucher, wie er mir mitteilte. Man kann nicht mit jedem Besucher immer wieder eine Sightseeingtour absolvieren. Wer hat dazu Lust?
Somit habe ich mich allein auf den Weg nach Troja gemacht. Troja: Mythos, Dichtung und Wahrheit! Was war wirklich Geschehen? Was ist nur der Fantasie von Homer entsprungen?
Was mich auf jeden Fall bei der Besichtigung von Schliemanns freigelegten Ruinen beeindruckte, war die Tatsache, dass sich die Geschichte von Troja über einen Zeitraum von 4000 Jahren erstreckt. Und sich nicht nur auf eine vermeidlich 15-jaehrig Schlacht beschränkt. Bei den Gedanken an den unvorstellbaren Zeitraum von mehreren Tausend Jahren, wurde mir mal wieder bewusst, in welch kurzer Zeit wir es geschaffte haben, die Welt am Rande des Abgrunds zu manövrieren.
Schon in Troja beschloss ich Mehmet anzurufen: Was eine Geschichte beinhaltet, die so nebenbei verlief und über die ich mich nicht ausführlicher aeussern möchte. Außer, dass die Geschichte ein Paket beinhaltet, das Achim mir nach Canakkale geschickt hat. Mehmet ist sozusagen der Kontaktmann – das soll genügen. Mit dem Anruf wollte ich mir Sicherheit verschaffen, dass ich nicht unnütz 30 km mit dem Bus fahre. Allerdings brachte der Anruf zunächst auch nicht unbedingte Klarheit. Mehmet ist wirklich ein netter Kerl, doch schon beim Face to Face Kontakt mit ihm muss ich extrem aufmerksam hinhören, um ihn richtig zu verstehen. Geschweige denn am Telefon. Zumindest konnte ich Mehmet am Telefon deutlich machen, dass ich gleich voller Hoffnung nach Lapseki fahre, auch dort jemand anzutreffen der mir das Paket aushändigen kann. Mit der Gewissheit machte ich mich zunächst auf den 30 km Rückweg nach Canakkale, um von dort den Bus nach Lapseki zu besteigen. Im Bus hielt ich, ob der Erfahrung aus Vize, den Busfahrer schon beim Einstieg die Adresse von Mehmets Eltern unter die Nase. Damit mich dieser zumindest in der Nähe herauslässt. Parallel entschloss ich mich erneut bei Mehmet nach näheren Einzelheiten der Wohnung zu erkundigen. Am Telefon erzählte er mir von einem großem Haus. Auch nannte er den Namen eines Cafés, der durch mein Kurzzeitgedächtnis durch rauschte: Wie gehört , so vergessen. Deshalb brachten mir die Informationen zunächst nicht viel.
Kurz nachdem wir das Ortseingangsschild von Lepsiki hinter uns gelassen haben, passierten wir ein Hochhaus mit einem angegliederten Café. Beim Lesen des Namens stöberte ich in meiner Erinnerung und ich hatte so eine Ahnung – da waren wir schon vorbei gefahren. Mein Blick bohrte sich in den Rücken des Fahrers. Da deutete mir der Gehilfe des Fahrers, der übrigens ein wenig Englisch sprach, mit Hand dass sich meine Bitte noch in Arbeit befindet. Als wir dann die Ortsgrenze von Lepsiki hinter uns ließen, drehte ich mich um und sah dem Ortsausgangsschild ein wenig skeptisch hinter her. Doch der Gehilfe machte immer noch eindeutig beruhigende Gesten mit der Hand.
Wir kamen zur Endhaltestelle und fuhren zurück - wieder nach Lepsiki. Kurze Zeit später gab mir der Gehilfe ein Zeichen. Wir stiegen aus dem Bus und er schickte sich an mit mir gemeinsam auf die Suche nach der Adresse zu gehen.
Ich stellte mal wieder fest: Unglaublich! So eine Aktion würde in Deutschland nie stattfinden.
Für mich war die Adresse ziemlich eindeutig: Der Name der Straße war der des großen türkischen Führers Atatürk. Das konnte keine kleine Straße und die musste doch zu finden sein. Doch mein Führer legte die Priorität seiner Aufmerksamkeit auf den Namen von Mehmets Eltern. Danach erkundigte er sich – stellte ich irgendwann fest. Dazu wurden mehrere Menschen befragt. Wir kreuzten die Hauptstraße, liefen an den auffälligen großen Gebäude vorbei. Danach gingen wir in eine Nebenstraße und erkundigten uns dort weiter. Schließlich entschloss ich mich erneut Mehmet anzurufen. Dieses Mal war Mehmets Frau am Telefon. Sogleich drückte ich den Apparat meiner Hilfe in die Hand. Wir gingen in das Geschäft eines Schneiders, dieser entschloss sich nach reichlicher Überlegung in seinen Büchern nach den Namen zu recherchieren. Wir verließen wieder das Geschäft. Bogen um die Ecke und befanden uns schließlich wieder vor dem Hochhaus bzw. vor dem Café neben dem Gebäude. Wie es so üblich ist, saßen vor dem Café alte Männer und schlugen die Zeit tot. Der Junge entschloss sich die Männer nach der Adresse zu fragen. Alle waren sogleich interessiert und es entstand eine Diskussion, die wiederum die Aufmerksamkeit des Besitzers erregte. Als dieser das Problem hörte, wusste er sogleich Bescheid. Denn er wusste von dem Paket und meinen Erscheinen: Soviel war dem Ganzen zu entnehmen. Sichtlich erlöst von seiner Bürde, deutete ich dem Jungen erst einmal Platz zu nehmen und schlug vor einen Tee zu trinken. Die Alten, mittlerweile aufgewacht aus ihrem Tran, einigten schnell darauf einen Tee mit zutrinken.
Kurze Zeit später verließ der Junge das Geschehen und ich wartete darauf, dass irgend jemand kam um mir das Paket auszuhändigen. Deswegen rief ich erneut Mehmet an: In dem Telefonat teilte mir Mehmet mit, dass sein Schwiegervater bald kommen wird. Im selben Telefonat vernahm ich völlig überrascht von Mehmet, dass er sich ebenfalls gerade in Canakkale aufhält. Da war ich doch platt. Auch wenn ich Mehmet jetzt nicht gut kenne, meinte ich, da sollte man sich doch mal treffen. Denn, wie ich schon erwähnte, halte ich Mehmet für einen netten Kerl. Mehmet meinte darauf, dass die Familie die folgenden Tage ein Fest feiert zudem ich gern kommen kann. O.k., sagte ich darauf, ich rufe dich noch mal an auch zwecks Adresse.
Der Schwiegervater erschien ungefähr 45 Minuten später als von Mehmet gesagt - aber er kam. Und ich erhielt endlich mein Paket! Anschließend, auf dem Weg zurück nach Canakkale, dachte ich nur: Was für eine Story – mal wieder.

14.07.10 und 15.07.10 Canakkale





Einerseits fand ich es ein wenig merkwürdig, dass Emre mich zu sich eingeladen hat während sein Vater zu Besuch ist, andererseits war es natürlich toll eine Unterkunft zu haben, verbunden mit der Möglichkeit ihn sowie seinen Vater kennen zu lernen. So machte ich mir über diese offene Frage auch keine weiteren Gedanken - man muss auch nicht alles verstehen.
Die Hitze macht den Aufenthalt und damit die Nächte in einer Dachgeschosswohnung nicht gerade angenehm. Vater (der Erdogan heisst und gerade mal ein Jahr älter als ich ist) hat sich nicht zuletzt deshalb dazu entschlossen draußen unter freien Himmel zu schlafen.
Für den heutigen Tag haben wir uns einen Strandbesuch vorgenommen. Zu unserer kleinen Gemeinschaft gesellte sich noch ein ehemalige Professor von Emre. Dieser unterrichtete u.a. Deutsch an Hochschule. Was für mich natürlich ein Vorteil war. Nach einen entspannten Frühstück machten wir uns auf dem Weg. Zunächst mussten wir mit der Fähre nach Europa fahren und anschließend noch eine kurze Fahrt mit dem Bus absolvieren. Als auch dass erledigt war, konnten wir endlich ins kühle Nass schwimmen gehen: Das Wasser war herrlich!
Der Strand war maessig besucht, was am Wochenende ganz anders aussieht, wie Emre mir mitteilte. Da ich mich nicht zu den Sonnenanbetern zähle, versuchte ich mich eher im Schatten aufzuhalten, was nicht gerade einfach war. So tummelten wir uns den ganzen Tag am Strand. Es war ein schöner Tag: Mit dem Professor Hasan habe ich mich gut unterhalten. Mit um die Fünfzig ist er schon zeitig aus dem Beruf geschieden. Wie sich herausstellte ist er aufgrund von Personalveränderungen von der neuen Hochschulführung aus dem Amt gemoppt worden. Mehrmals kam er auf die von ihm geschriebenen Bücher zu sprechen, auf die er selbstverständlich zurecht stolz sein kann. Trotzdem spiegelt sich, meiner Meinung nach, in der mehrmaligen Betonung der eigenen Leistung – ohne das es meine Sympathie zu ihn schmälerte – die Hybris wieder, die vielleicht einer der türkischen Wesensarten ist.
Der Tag am Strand war eine kurzweilige Angelegenheit. Als wir gegen 19 Uhr wieder asiatischen Boden betraten, war ich ein wenig überrascht wie schnell die Zeit verging. Nach verlassen der Fähre verabschiedeten wir uns von Hasan, der sich mit Verweis auf seine Frau entschuldigte. Wir drei beschlossen Fisch für das Abendessen einzukaufen. Denn wir später (ich glaube es war schon 22:30 – man isst hier wirklich spät) auf der Terrasse zu uns nahmen.
Am Donnerstag mussten wir erneut mit der Fähre auf die andere europäische Seite wechseln. Denn wir wollten uns die Kriegergedenkstätten der Gegend anschauen: In Canakkale fand 1915 eine der großen Schlachten des ersten Weltkrieges statt. Bei der fast 250 Tausend Türken au f der einen Seite und ähnlich viele Tote auf der alliierten Seite zu beklagen waren. Dem Gemetzel sind einige Denkmäler gewidmet, auch kann man sich die seit einigen Jahren die rekonstruierten Bunkeranlagen anschauen. Persönlich finde ich, herrscht auf großen Schlachtfeldern immer ein besondere Stimmung (deswegen möchte auch unbedingt noch nach Verdun – Andreas!) Da es, so viel ich weiß, für die Türken der letzte große Sieg in einen wirklich wichtigen Gefecht war (wäre die Schlacht verloren gegangen, hätten die Kriegsgegner ungehinderte Durchfahrt nach Istanbul sowie zum Schwarzen Meer gehabt), wird dem Ereignis sehr viel Bedeutung beigemessen.

Auch dieser Tag verging wie im Flug. Später am Abend nach dem Essen verabschiedeten wir Erdogan, der über Istanbul – wo er seinem 2.Sohn besuchte – wieder mit dem Bus nach Hause fuhr. Der Vater und ich haben während seines Aufenthalts trotz Kommunikationsprobleme ein sympathisches Gefühl füreinander entwickelt. Deswegen hat er mich zu sich nach Hause zu einem Besuch eingeladen.

Mittwoch, 21. Juli 2010

13.07.10 von Istanbul nach Canakkale



Schon vor 6 bin ich aufgestanden. Zum einen konnte ich sowieso nicht schlafen, zum anderen hielt ich es für besser so früh wie möglich am Busbahnhof zu sein, um zeitig in Canakkale anzukommen.
Als ich gegen 6:30 am Busbahnhof sowie am richtigen Schalter eintraf, teilte mir der Ticketverkäufer nach Recherche in seinem Rechner zu meiner Verwunderung mit, dass die nächste Reisemöglichkeit nach Canakkale erst um 14:30 besteht. Das war ein Hammer! Mit einer solchen Entwicklung hatte ich nun gar nicht gerechnet. Was soll's, dachte ich Zunächst setzte ich mich nach draußen, um bei einem Tee ein wenig mit meinem Geschreibsel weiter zu kommen. Als nach 2 Stunden das Akku langsam schwächelte und ich zudem dringend auf die Toilette musste, blieb mir keine andere Wahl als mich neu zu orientieren. Das Scheißhaus war nicht für den großen Toilettengang geeignet: Es stank, es war dreckig, und dass für eine TL Zwar dachte ich zunächst beim betrachten des Stehklosetts an Indien und dass ich wohl zukünftig öfters in die Verlegenheit kommen werde so ein Ding zu benutzen. Aber ich dachte auch, dass die Zukunft erst später beginnt. Somit erledigte ich nur das zwingende kleine Geschäft. Als ich beim Verlassen der Örtlichkeit zufällig an einer Gepäckaufbewahrung vorbeikam, fragte ich den Typen wie viel er den für die Inobhutnahme meines Rucksacks haben wolle. Als er 15 TL sagte, lachte ich lauthals und gab ihn die Hand. Dieser wusste nicht so recht wie ihm geschah und strahlte mich seinerseits grinsend an. Ich sagte zu ihm auf Deutsch: guter Preis! Drehte mich um - und ging. Da kam mir die Idee zu dem nahe gelegenen Shoppingcenter zu gehen. Dort waren die Toiletten nicht nur gratis, sondern auch sauber und modern. Auch konnte man dort bei Real ein wenig Obst kaufen, und konnte ggf. in dem beschissenen Starbuck-Café Online gehen. Strom für den Rechner wird sich sicherlich auch organisieren lassen. So würden die bevorstehenden Stunden viel schneller vergehen Der Gedanke war ein Guter und wurde sofort umgesetzt.

Als ich das mir schon bekannte Café wieder gefunden hatte stellte ich fest, dass nur wenige Tische, um nicht zu sagen, fast keine Tische besetzt waren. Natürlich – es war noch viel zu früh. Wie sich herausstellte öffneten die Geschäfte erst um 10 Uhr. Die Toiletten waren aber schon geöffnet – was herrlich war. Zudem fand ich es sehr entspannend nicht gleich von Kellnern bedrängt zu werden und im Schatten des Innenhofs in Ruhe auf den bequemen Stühlen Platz zu nehmen. Mit einem Gefühl der Zufriedenheit richtete ich mich ein und wollte gerade meine Utensilien platzieren als sich ein Typ mit einem Kommunikationsversuch mir näherte. Es war ohne Zweifel ein netter Kerl, aber eine Verständigung war einfach nicht möglich. Als dass geklärt war, wendete ich mich wieder meinen Angelegenheiten zu. Der Rechner hatte noch ein wenig Saft, wodurch ich vorerst weiter schreiben konnte.
Circa eine halbe Stunde später riss mich ein anderer Typ von links mit einer Frage auf englisch aus der Konzentration. Neben ihn stand der erste Typ etwas verloren herum. Wie sich herausstellte kam der Fragesteller aus Kairo und der erste Typ war ein Einheimischer. Beide konnten sich ein wenig mit arabisch verständigen. Da wir alle zu den Frühaufsteher zählten, gab uns dieser Umstand ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl. So geriet man ins plaudern. Als dann die Geschäfte öffneten verschwand der Ägypter für kurze Zeit. Tauchte aber wenig später wieder auf. Er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte mit ihm ins Aquarium zu gehen – er hätte dafür 2 Eintrittskarten. Na ja, gut, dachte ich – wer weiß was das für ein Mist ist. Aber ich wollte ihn den Gefallen tun. So gingen wir in das Aquarium, dessen Eingang sich 10 Schritte hinter meinen Rücken befand. Als ich just in dem Eingang den Hinweis „Mit freundlicher Unterstützung von BP“ lass, kam mir ein wenig die Galle hoch – und wollte schon wieder umkehren. Wie sich herausstellte war die Anlage wider erwartend gut. Alle möglichen Fische in reichhaltiger Präsentation und tollen Becken waren vorhanden. Trotzdem taten mir die Viecher leid. Als ich meinen Begleiter beim Anblick der großen Langusten fragte, für wie alt er eins der Tiere schätzt, gab er mir 5 Monate zur Antwort. Was mir mal wieder deutlich machte, wie wenig die meisten Menschen über die Meere wissen. Als ich ihn entgegnete, dass ein Tier wahrscheinlich schon 80 Jahre oder gar älter ist, hat ihn wenig beeindruckt. Ich hingegen musste daran denken, dass wir Menschen ein solchen Tier in 10 Minuten verspeist haben.
Na ja, so verging die Zeit bis halb 3 relativ schnell. Auch die etwa 5 Stunden im Bus fand ich nicht langweilig. Als ich gegen 19:30 an einer Fähre ankam war es an der Zeit sich mit Emre (den Couchsurfer) in Verbindung zu setzen. Denn ich war mir nicht sicher ob ich überhaupt auf die andere Seite fahren soll. Doch Emre gab mir grünes Licht und teilte mit, dass er mich im anderen Hafen erwarten werde.
Außer mir hatte Emre auch seinen Vater zu Besuch. Emre bewohnt mit einem Freund zusammen eine 3 Zimmer Dachgeschosswohnung, die mit einer ordentlichen Dachterrasse ausgestattet ist. Der Freund arbeitete aber schon seit einiger Zeit auf einer Insel, wodurch ich vorerst sein Zimmer benutzen konnte. Für den Abend haben Emre und sein Vater Essen eingekauft, was beide später lecker zubereiteten. Nach dem Reinfall von Istanbul hatte ich bei den Beiden ein wirklich gutes Gefühl, was mich wieder sehr viel positiver stimmte. So verbrachten wir gemeinsam einen netten Abend mit gutem Essen und kalten Bier (gut gekühlt und aus der Flasche kann man das Efes durchaus trinken).

Dienstag, 20. Juli 2010

11.07.10 – 12.07.10 Istanbul






Natürlich konnte ich die Nacht über fast gar nicht schlafen. Früh am Morgen rief der Muezzin zum Gebet. Laut und deutlich wehte der Sound durch das offene Fenster herein – irgendwie abgefahren, fand ich. Das Klima im Zimmer war unglaublich. Doch ich hatte mich schon an die Temperaturen gewöhnt. Gegen 8 Uhr beschloss ich aufzustehen, um die Istanbuler Sightseeingtour fortzusetzen. Eigentlich hatte ich ob der Ereignisse von gestern die Schnauze voll von der Stadt: Aber kneifen geht nicht.
Für den heutigen Tag habe ich mir Topkapi vorgenommen. Der Eintritt betrug n'en 10er und das Ding war am Sonntag brechen voll. Wobei die Japaner trotz der Massen besonders auffaellig waren. Auch besuchte ich die Blaue Moschee – na ja, eben Sightseeing. Was soll's – ich war bei all dem ein wenig lustlos unterwegs und konnte keine große Freude an der Pracht entwickeln. Eigentlich dachte ich mehr an die Menschen die für den ganzen Mist mit den Leben bezahlte haben. Nur damit sich irgendwelche Drecksäcke im Reichtum suhlen und mit den ergaunerten oder geraubten Besitztümer angeben konnten. O.k., dem Kunsthandwerk musste man Respekt zollen. Aber wie dem auch sei – der Tag plätscherte so dahin.
Ursprünglich wollte ich mir Istanbul bis Mittwoch geben, doch als ein Couchsurfing-Kontakt aus Canakkale mir antwortete, dass es ihn am Dienstag besser passen würde beschloss ich am Dienstag die Segel zu streichen.
Am Montag habe ich beschlossen mit dem Boot auf die Asienseite zu fahren. Hier waren die Leute viel unfreundlicher und schauten viel mürrischer aus der Wäsche. Es kam mir alles viel ehrlicher vor.

Montag, 19. Juli 2010

10.07.10 von Vice nach Istanbul







Obwohl alle auch am Samstag arbeiten mussten, standen wir nicht so zeitig auf. Es war scheinbar nicht zwingend notwendig schon früh im Betrieb zu sein. So ließen wir es mit dem Frühstück und alles weitere ein wenig ruhiger angehen. Als dann der Moment des Abschieds nahe war, ließ Necdet es sich nicht nehmen mich auch noch zum Bus zu bringen und dort das Busticket zu bezahlen. Auch dieses Mal war jeder Widerstand zwecklos – irgendwann resigniert man an der Großherzigkeit mit seinen Anliegen. Dann rauschten auch noch Ufuk mitsamt dem Schweden zum Abschied herbei. Da der Bus bald abfuhr viel dieser ein wenig knapper aus.
Es war eine schöne Zeit in Vice. Dort habe ich viele freundliche Menschen kennen gelernt. Auch wenn ich am selben Tag in Istanbul noch eine herbe Enttäuschung mit Türken erlebe, werden mir die schönen Erinnerungen für immer im Gedächtnis bleiben.
Trotz vieler Anfragen fand ich in Istanbul keinen Gastgeber der mich beherbergte. Wohl oder Übel musste ich deswegen in einem Hostel übernachten. Da ich ein wenig Geld sparen wollte, wählte ich ein Vierbett-Zimmer in einem recht zentral gelegenen Hostel. Die Übernachtung für 22 TL (etwas mehr als 11 Euro). Als die Modalitäten erledigt waren, mein Gepäck sicher verstaut war, machte ich mich auf den Weg ins Istanbuler Abenteuer.
Laut Informationen hat die Stadt 11 Mill. Einwohner. An Tagen wie diesem kamen mindestens noch mal 2-3 Mill. Touristen hinzu (eigene Schätzung). Zusammen genommen waren sehr viele Menschen unterwegs. Selbstverständlich gibt es unheimlich viele Geschäfte, Lokale und Verkaufsstände. Alle wollen etwas verkaufen und Geld an den Touristen verdienen. Oft wird man von irgendwelchen Leuten an gequatscht, die einen ins Lokal locken wollen. Einer der Anquatscher war sehr geschickt: Er hatte die Masche drauf die Passanten wie Bekannte zu behandeln. Zu mir sagte er, er erinnere sich an meine Person aufgrund meiner Haare. Ich müsse mich doch an die Begegnung erinnern. Da ich in der letzten Zeit so viele Kontakte hatte, konnte es durchaus sein ihn getroffen zu haben. Ich erinnerte mich an das Gespräch im Zug mit dem Türken auf den Weg nach Bratislava. Zunächst konnte ich mich nicht an sein Gesicht erinnern. Als ich ihn darauf ansprach – ihn fragte, ob wir uns aus dem Zug kennen. Bestätigte er sofort meine Vermutung und ich wusste, der verarscht dich doch. Dass gehört zu seiner Masche! Trotzdem war ich ihn nicht böse. Er war lustig, geschickt und im englischen sehr eloquent – was man von mir nicht behaupten kann. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging ich weiter. So schlenderte ich Stunden durch die Stadt und fand es ausgesprochen schön! In einem Geschäft kaufte ich mir etwas zu trinken und ein paar Nüsse zum Essen. Als ich so vor mich hin schmausend daher ging, fragte mich ein Typ nach der Uhrzeit. So entwickelte sich ein Gespräch zwischen uns – man kennt dass ja. Der Typ war nicht allein, er hatte einen Kollegen. Beide sprachen englisch. Behaupteten ebenfalls nicht in Istanbul zu wohnen. Seinen, wie ich, Touristen. So schlenderten wir gemeinsam durch die Straßen der Stadt: Unterhielten uns über dies und dass. Scherzten. Lachten und hatten Spaß. Nach gut einer Stunde fragte mich einer der Knilche, was ich den heute so vor habe. Ich antwortete, eigentlich nichts besonderes: Durch die Stadt laufen. Die Stadt auf mich wirken lassen und irgendwo das Spiel um den 3. Platz schauen. Und das Spiel sollte schon bald beginnen. Also beschlossen wir uns das Spiel gemeinsam in einer Bar anzuschauen, wo wir auch ein Bier trinken konnten. Die Jungs meinten es sei besser mit einem Taxi zu fahren. O.k., zwar wäre ich lieber gelaufen, aber ich bin ja flexibel und meinen Begleitern gegenüber aufgeschlossen und war eh schon den ganzen Tag gelaufen. So fuhren wir in die Gegend wo sich mein Hostel befindet. Dort gingen wir in eine Straße mit dichtem Gedränge. Eine Lokal und Restaurant Straße. Dort war es nicht gerade einfach ein Lokal zu finden, wo noch 3 leere Plätze frei waren. Als wir schließlich in einem Lokal platz nahmen begann auch schon kurz darauf das Spiel. Wir tranken ein Bier, wobei einer der Vögel sich einen Drink (Wodka + Redbull) bestellte (und eigentlich die ganze Zeit über nichts davon trank. Zwar führte er öfters den Strohhalm zum Mund, aber wesentlich leerer schien das Glas nicht zu werden – viel mir später auf). Nach der ersten Hälfte des Spiels meinte der Redbull-Typ wir sollten woanders hingehen. Es sei schließlich nicht das Finale. O.k., sagte ich. Ich war gut drauf und wusste die Gesellschaft von Einheimischen zu schätzen. Der Biertrinker sagte er kenne einen Club, wo vor einem Jahr schon mal war, da könnten wir hinfahren. Der Biertrinker bezahlte die Rechnung (hatte auch schon zuvor das Taxi bezahlt) und trank ein wenig von dem Drink des Anderen (nichts verkommen lassen, dachte ich – kennt man doch). Wieder in ein Taxi gestiegen und zum Club gefahren. (Taxi bezahlte wieder der Biertrinker) Wir stiegen aus dem Taxi und betraten den Club.Mir fiel nichts außergewöhnliches auf: Ein Club mit Tanzfläche, es tanzten 2 Mädels. Der Laden war offen, jeder konnte ohne klingeln oder Türsteher die Kneipe betreten. Es gab 2 Fernseher und man konnte das Spiel weiter verfolgen – das war schon mal ganz gut! Der Biertrinker fragte mich was ich Trinken möchte. Ich gab ihn zur Antwort: Wasser. Wasser? Meinte dieser. Das kann doch wohl nicht mein Ernst sein.Wir müssen Raki trinken, gab er zurück. O.k., dachte ich, dann trinken wir halt einen Raki und ein Wasser. Kurz nach der Bestellung, fuhr der Kellner das Gedeck auf: Eine Karaffe mit Raki, 2 Wasser, natürlich Gläser, aber auch Obst und Käse. Da musste ich an die Bulgaren denken und ihre Art Schnaps zu trinken. Und machte mir nicht weiter über die Geschichte Gedanken. Kurz darauf schickten sich drei Mädels an, Platz an unserem Tisch zu nehmen. Auch dies ließ ich mal einfach über mich ergehen (im Nachhinein muss ich wirklich sagen, ich lief nach den tollen Eindrücken von Vice wie vor dem Kopf geschlagen durch Istanbul und dachte nicht im Traum daran, dass mich die Leute über das Ohr hauen würden.) Kaum saß die Russin, wie sich kurz darauf herausstellte, neben mir, brachte ihr auch schon der Kellner ein kleines Getränk (Wodka + Redbull). Sie sprach sehr gut englisch wodurch es keine wesentlichen Kommunikationsprobleme gab. Das Gespräch drehte sich im Wesentlichen um alltägliche Dinge, die mich interessierten: Sie lebte, nach ihrer Aussage, schon seit 5 Jahren in der Stadt. Da wollte ich natürlich wissen, ob man den als Russin ohne weiteres hier wohnen kann. Wie hoch die Mieten in der Stadt sind, usw. Bei dem Geplauder war ihr Drink schnell getrunken. Da fragte sie mich, ob sie noch etwas zu trinken bekommt. Ich dachte, na ja, bisher war es ja nicht besonders teuer in der Türkei und so teuer sieht der Laden auch nicht aus. Ergo, kann ein Drink auch nicht die Welt kosten. Also gab ich ihr mein o.k. fuer einen weiteren Drink. Als sie den erhielt, gab sie ihn gleich dem Kellner zurück, denn sie mochte kein Eis in ihrem Getränk. So quatschten wir weiter. Zwischendurch schaute man natürlich wie das Spiel so verläuft, was die Kollegen so treiben – die plauderten mit ihren Mädels – alles klar. Die Zeit verging. Der 3. Drink stand an – wau, dachte ich, die trinkt aber recht zügig. Na gut, sind kleine Gläser, aber trotzdem. Da mir die Geschichte langsam doch wenig professionell vorkam, fragte ich sie, ob sie eine Solche ist? Nein, gab sie zur Antwort. Na dann, welchen Job sie den ausübt? - Ich sei ihr Job, erhielt ich als Antwort. Da machte es bei mir: Klingeling! Ich fragte das Mädel, wie teure ist eins deiner Getränke? Sie wisse es nicht, bekam ich zur Antwort. Worauf ich ihr meine Annahme mitteile, dass ich ihr nicht dies nicht abnehme. Nun wendete ich mich an einen meiner Begleiter, und fragte ihn nach den Preis ihres Getränks. Dieser schaute auf die Karte und nannte mir den unglaublichen Preis: 150 TL! Was 75 Euro bedeutete! Da musste ich zunächst kräftig lachen. Und der Drecksack lachte auch noch mit. Denn ab da war mir alles klar. Die Knilche streiften am Nachmittag durch die Stadt auf der Suche nach ein Opfer. Da trafen sie auf mich: einen durchgeknallten Deutschen, der nicht ganz in der Welt zu sein schien. Beide hatten die Aufgabe mich in das Lokal zu locken.
Nach dieser Erkenntnis wollte ich jetzt aber wissen wie teuer der gesamte Spaß ist. Als der Kellner die Rechnung präsentierte, viel ich bald vom Glauben ab: 1200 TL! Was für jeden 200 Euro
bedeutete. Auf meine ungläubigen Einwände hin, meinte der Wirt nur, überall im Lokal wären die Preise einsichtig, die sind kein Geheimnis. Astrein, dachte ich. Wie blöd bist du eigentlich! Polizei rufen hat vermutlich keinen Sinn – was soll dabei herauskommen? Nur zusätzlichen Ärger vermutlich. Wenn ich nicht bezahle schlagen mir vermutlich die Schläger der Kneipe die Fresse kaputt – auch keine gute Idee. Es blieb mir quasi keine andere Wahl, ich musste die Scheiße bezahlen. Die Knilche reagierten auf den ganzen Vorfall relativ gelassen. Keine Wutausbrüche oder sichtbaren Ärger. Als ob es dass selbstverständlichste von der Welt wäre. Einer der Spezialisten ging kurz nach draußen, um vom Geldautomaten Geld zu holen. War aber nach wenigen Minuten schon wieder da. Kaum genug Zeit, um eine derartige Aktion zu bewerkstelligen. Die Typen steckten auf jeden Fall mit der ganzen Crew der Kneipe unter einer Decke. Ein abgekartetes Spiel lief hier. Mit meiner Meinung hielt ich natürlich nicht hinterm Berg. Die Typen widersprachen jeglicher Anschuldigung. Pikiert über meine Theorie spielten sie die Beleidigten. Was ich mir den einbilde, sie müssen jetzt ein Großteil ihres Gehalts zahlen. Ich hatte absolut die Schnauze voll. Der Abend war für mich gelaufen.
Als ich im Hostel in mein Zimmer im Bett lag war ich sauer, verärgert (am meisten über mich selbst) und traurig zugleich. Wie konnte mir dass nur passieren?

Sonntag, 18. Juli 2010

09.07.10 in Vice



Für den folgenden Tag habe ich mir vorgenommen meinen Block aufzuarbeiten. Das Teehaus war dafür ein idealer Ort, dachte ich. Ich ging davon aus, dass die Angestellten mir Strom für das Netbook zur Verfügung stellten. Im Teehaus traf ich dann aber auf den Couchsurfer aus Schweden, der ebenfalls aus dem „Haus dem gejagt worden ist“. Allerdings saß er laut Aussage des Wirts schon seit 6 Uhr dort und sah ganz verschlafen aus. Nach ein paar Tee beschlossen wir das örtliche Internetcafé zu suchen. Da weder er noch ich wussten wo sich ein Internetcafé befindet, waren wir auf die Auskünfte anderer angewiesen. Relativ schnell fanden wir den Laden; und es stellte sich heraus, dass der Besitzer recht gut Deutsch sprach. Er ist in Bremen aufgewachsen, lebt jetzt seit einigen Jahren in Vice: auch weil er in Deutschland immer arbeiten musste, sagte er. Hier kommt er mit der Mentalität und der Arbeitseinstellung besser zurecht. Ehrlich gesagt, habe ich nicht genau verstanden was er meinte: Ich sah in der zugegeben kurzen Zeit meines Aufenthalts in der Türkei viele Menschen arbeiten. Nach meinen Eindruck arbeiten die Menschen hier auch hart. Vielleicht geht es ein wenig lockerer zu, aber dafür sind 12 Stunden oder gar längere Arbeitstage keine Seltenheit (wie ich später erfuhr). Nach 1 Stunde hatte ich meine Angelegenheiten erledigt. Auch weil ich vor dem zu Bett gehen bei meinen Gastgebern den Internetanschluss benutzen konnte. Deswegen verließ ich den Schweden und fragte den Deutsch-Türken ob es nicht ein Restaurant kennt, wo ich was Essen könnte. Da er relativ proper war, überlegte ich, ob es überhaupt sinnvoll ist einen Übergewichtigen nach einem Restaurant zu fragen. Der Junge war mir aber sympathisch und er hatte auch gleich einen Tipp: Im selben Haus, nur die Treppe hoch, unterhielt seine Familie ein kleines Restaurant mit Hausmannskost – genau dass richtige, dachte ich. Nach dem Essen ging ich zurück ins Teehaus, um endlich ein wenig zu schreiben. Es war gemütlich dort zu sitzen, Tee zu trinken und das Erlebte nieder zu schreiben. Etwa 2 Stunden später kam Volkan ins Teehaus. Wir begruessten uns wie alte Freunde. Mit Volkan trank ich dann einen weiteren Tee. Volkan fühlte sich mir gegenüber als Gastgeber verpflichtet und ich wollte ihn in seiner Rolle nicht enttäuschen. Deswegen gingen wir nach dem Tee zu Ali, der im Ort ein Küchengeschäft betreibt. Dort schaute ich erneut ein wenig ins Internet, weil Ali natürlich online ist. Da beide mir etwas gutes tun wollten, unternahmen wir eine Exkursion zu den Sehenswürdigkeiten des Ortes.
Nochmals besuchte ich die Moschee sowie das Amphitheater (was ich auch schon im dunklen mit Ufuk gesehen habe). In der Moschee trafen wir den Imam, der mich sogleich zum Islam bekehren wollte. Was allerdings mit viel Humor verbunden war. Als ich 2 Stunden und einige Tees sowie einen Mokka später die Beiden wieder verließ, hatte ich wieder so viele Hände geschüttelt, dass ich schon gar nicht den Versuch unternahm mir ihre Namen zu merken. Irgendwie hatte ich auf jeden Fall den Eindruck mittlerweile den halben Ort kennen gelernt zu haben. Ich fand es toll und hatte auch inzwischen jede Form von Bedenken abgelegt, dass mich irgendjemand ausnehmen oder übervorteilen möchte. Kaum saß ich wieder im Teehaus kam auch schon Necdet, um mich zum Essen abzuholen. Gut dass ich mich nicht von Volkan und Ali hab einladen lassen, sonst hätte ich Necdet bestimmt enttäuscht, wenn ich nur wenig gegessen hätte. Nach dem Essen sind wir wieder in die Sporthalle. Wo heute die letzten Volleyball Spiele und damit die Entscheidung zur Stadtmeisterschaft anstand. Dort trafen wir auch Ufuk sowie den Schweden wieder. Als alles entschieden, die Siegesehrung erledigt, die Pokale überreicht waren, gingen wir noch mir zu Ehren – weil es mein letzter Abend war, morgen fuhr ich endgültig nach Istanbul – ein Eis essen. Abschließend verabschiedeten wir uns alle herzlich von einander.

Samstag, 17. Juli 2010

08.07.10 in Vice




Die beiden Freunde von Ufuk waren sehr nett. Gemeinsam arbeiten alle in einer Zementfabrik und mussten um 8:30 bei der Arbeit sein. Mangels zweitem Schlüssel musste ich damit ebenfalls morgens die Wohnung verlassen.
(Ich sparte mir über die Schlüsselaktion groß Gedanken zu machen – die Leute waren mir wohlgesonnen und hegten, so viel ich einschätzen konnte, mir gegenüber kein Misstrauen: - Aber weiß man dies wirklich? In wie weit sind wir in der Lage einen Menschen zu durchschauen? Vor allem, wenn er einer fremden Kultur angehört. Natürlich glauben wir Türken zu kennen. Doch nachdem ich in Vice so herzlich von den Menschen aufgenommen wurde, viel es mir um so schwerer sie einzuschätzen. War ihre Herzlichkeit echt? Oder war ihre Gastfreundschaft nur aufgesetzt? Zusammenfassend muss ich sagen, war ich von der Freundlichkeit der Menschen in dem Ort beeindruckt. Vermutlich bin ich zu gutgläubig, um den Menschen ständig mit Argwohn zu begegnen; es tat mir gut das Verhalten der „fremden Menschen“ als authentisch anzunehmen. Als ein Verhalten, dass ihrem Naturell und damit ihren Herzen entspringt. Es war kompatibel mit dem Ideal meines Weltbildes, ein Überbleibsel meiner Hippie Mentalität – Achim würde vermutlich sagen, die Hippies haben mich verkorkst!)
Nach dem Fruehstueck, das die beiden Kollegen immer in einem Restaurant einnehmen und das entweder aus Suppe oder Boerek besteht, streifte ich durch den Ort. Dabei landete ich mehr oder weniger unbewusst am Busbahnhof. Die ganze Zeit schon ging mir eine neue Kamera durch den Kopf. Da in der Türkei auf alle importierten Produkte hohe Steuern erhoben werden, sah ich einzig in Istanbul eine Chance einigermaßen günstig an ein neues Exemplar zu gelangen. Da ich sowieso nichts besseres zu tun hatte und ich die Idee ganz reizvoll fand Istanbul einen Kurzbesuch abzustatten, entschloss ich mich nach Istanbul zu fahren.
Der Busbahnhof in Istanbul war unglaublich und ziemlich groß: Hunderte Busse; eine logistische Herausforderung, die vielleicht nur unter einer weniger stringenten Ordnung im fluss bleibt und reibungslos funktioniert. Wie ihr sicherlich wisst, pflegen die Türken auch in ihrem Land den Cross-Over-Stil. D.h.: Regel und Vorschriften sind in jede Richtung dehnbar. Beim Busfahren wurde mir dass besonders deutlich. Überall wurde gehalten, ein-oder ausgestiegen, alles wurde transportiert, Türen standen während der Fahrt offen, oft sah ich Leute auf der Autobahn herumlaufen usw. Aber es funktioniert. Vermutlich besser als es sonst funktionieren würde. Und irgendwie finde ich den Stil auch gut. Auch wenn ich mich in Deutschland manchmal über die in zweiter Reihe parkenden Türken aufrege.
Wie soll ich dieser Stadt den Media-Markt oder Aldi finden, dachte ich. Beides soll hier angeblich zu vorhanden sein. Da sah ein den Schriftzug eines Praktiker-Marktes am Horizont. Wenn da ein Praktiker-Markt ist, könnten dort noch weitere Geschäfte sein. Und so war es auch: In unmittelbarer Nähe des Busbahnhofs von Istanbul befindet sich die groesste Shoppingcenter-Mail Europas, wie ich später erfuhr. Alle möglichen deutschen Geschäfte waren zu finden. Darunter ein Saturn-Markt. In dem Einkaufszentrum erlebte ich ein völlig neues Einkaufsgefühl: Ein entspanntes Einkaufen; es war nichts los; freundliches Personal; bei Saturn nahm sich meiner der Verkaufsmanager an – der natürlich deutsch sprach. In dem Geschäft kaufte ich schließlich für ca. 70 Euro mit die günstigste Kamera, die zu bekommen war. Trotzdem war der Typ nett zu mir, als ob ich gerade für 1000 Euro eingekauft hätte. Am Ende gab er mir seine Karte und meinte ich solle mich nicht scheuen ihn anzurufen falls irgendwelchen Schwierigkeiten bestehen. Auch würde er sich über eine Nachricht per Email freuen.
Oft habe ich den Ausdruck des Erlebniseinkaufs vor allen während meines Soz.-Paed. Studiums gehört. In dieser Shoppingcenter-Mail habe ich erfahren was „Die“ damit meinen. Nachdem ich dort noch was gegessen habe, ein wenig Obst und eine Türkei sowie Istanbuler Karte gekauft habe, bin ich mit nächsten Bus wieder nach Vice zurückgefahren.
In Vice ging ins Teehaus, bestellte einen Tee und hatte gerade ein paar Zeilen mit dem Netbook geschrieben, als Necdet vor mir stand (Necdet ist einer meiner Gastgeber), um mich abzuholen. Zunächst war Abendessen angesagt und dann fiel heute die Vorentscheidung in der Stadtmeisterschaft im Volleyball. Wobei meiner zweiter Gastgeber, Necdets Freund und Mitbewohner, in einer der Mannschaften mitspielt. Nach dem Essen ging es also in die Sporthalle, um Volleyball zu schauen. Dort trafen wir dann auch Ufuk wieder, der mit einen weiteren Couchsurfer, einen Gast aus Schweden, unterwegs war. Das Spiel sowie die ganze Szenerie fand ich interessant. Besonders bemerkenswert fand ich das große Bild von Atatürk, welches in der Halle hang.
Als das Volleyball vorüber war, wollte Ufuk uns Couchsurfer noch etwas von der städtischen Kultur zeigen. In Vice gibt es eine sehr alte Moschee, die auch mal eine Kirche war. Mit gespendeten Mitteln wurde sie vor kurzen vollständig restauriert. Wir erschienen kurz vor dem Abendgebet und die Gläubigen wurden zum Gebet in die Moschee gerufen: ein unglaublicher Sound – fand ich – wie Psychodelic Music.

Montag, 12. Juli 2010

07.07.10 auf in die Tuerkei



Der Weg in die Tuerkei beinhaltete noch einige Ungereimtheiten: Eigentlich hatte ich am Vorabend beschlossen von Tserevo aus in die Tuerkei zu Trampen. Von Tserevo fuehrt laut Karte eine Strasse in Richtung Grenze. Aber als Schopper mir mitteilte, dass sich die Strasse in einem schlechten Zustand befindet, machte ich mir ueber mein Vorhaben Gedanken. Wie dem auch sei, der Entschluss war zunaechst gefasst und ausserdem gab es sowieso keine Alternative. So stand ich mit Sack und Pack um 8 Uhr an der Bushaltstelle und wartete auf den Bus nach Tserevo. Doch als mich beim Einsteigen der Busfahrer ob ich nach Burgas moechte, revidierte ich meine Plaene und ich entschloss mich kurzerhand die Variante ueber Burgas nach Vice zu waehlen. Dabei wollte ich auf jeden Fall – auch wenn es voelliger Schwachsinn ist – nach der vergessenen Kamera am Busbahnhof von Burgas fragen.
In Burgas angekommen und kaum aus dem Bus gestiegen quatschte mich auch schon wieder einer an. Noch recht freundlich gestimmt liess ich ihn erst stehen, als er mir anbot Geld zu tauschen. Die folgenden Recherchen nach meiner verlorenen Kamera waren natuerlich voellig zwecklos. Auch die Suche nach einem Anschlussbus nach Kirkareli (Tuerkei) war nicht einfach. Es fuhr zwar ein Bus vom Busbahnhof dorthin, doch erst am folgenden Morgen. Da wurde mir mal wieder deutlich wie schwierig es ist vernuenftige Informationen zu bekommen. Ein Typ, der mir zwar auch gern was angedreht haette, gab mir dann den entscheidenden Tipp: Ich solle ein paar hundert Meter der Strasse vom Busbahnhof aus folgen, wo sich ein Buero eines Busunternehmens befindet.
Das tat ich – und tatsaechlich – in 1,5 Stunden fuhr von dort ein Bus ueber Kirkareli nach Istanbul. Wobei ich von Ufuk (mein Couchsurfing-Kontakt) musste, dass ich von Kirkareli Anschluss nach Vice habe. Zwar kam der Bus gut eine dreiviertel Stunde spaeter als gesagt, aber er kam wenigstens. Das einzig bemerkenswerte an der folgenden Busfahrt war der Aufenthalt an der Grenze: Alle mussten ihr Gepaeck den Zoellnern praesentieren.
Als ich in Kirkareli ausstieg besorgte ich mir schnell tuerkisches Geld und bestieg unmittelbar danach den Bus nach Vice. Wo ich gegen 17:30 ankam. Was fuer eine Tortour, dachte ich. Jetzt musste ich nur noch die Wohnung von Ufuk finden, dachte ich. Auf dem Weg durch den Ort fuehlte ich mich auf einmal wohl – ich war froh in der Tuerkei zu sein. Es kam mir alles so vertraut vor, wie in Berlin-Kreuzberg. Kurz entschlossen ging ich auf ein paar Typen zu, die vor einem der bekannten tuerkischen Teehaeuser standen. Zunaechst fragte ich, ob jemand englisch spricht. Und tatsaechlich: einer der Jungs hatte englisch Kenntnisse. Den machte ich deutlich, dass ich eine Adresse suche und zeigte ihn einen Zettel auf der ich Ufuks Anschrift notiert hatte. Alle reagierten voellig freundlich auf mich. Einer nahm den Zettel an sich und machte sich auf die Suche nach der Anschrift. Wie sich herausstellte war meine Idee mit dem Zettel und die Leute zu fragen wirklich gut. Allein haette ich die Wohnung in dem Ort nie gefunden. Natuerlich wurde ich auch sogleich zum Tee eingeladen. Nach kurzer Zeit waehrend ich den Tee schluerfte, kehrte der „Wohnungssucher“ mit der frohen Botschaft zurueck, die Adresse gefunden zu haben. Sogleich machten wir uns auch gleich auf dem Weg. Am Haus angekommen, wurden auch schon die ersten Gespraeche mit den Bewohnern des Hauses gefuehrt. Kurze Zeit spaeter beugte sich eine Frau ueber die Bruestung eines Balkons: Volkan uebersetzte mir Ufuk sei noch auf der Arbeit – ich war angekommen! Es wurden einige Telefonate gefuehrt, ich sprach mit Ufuk. Deponierte meine Sachen in der Wohnung von Ufuk und verschwand wieder mit meinen Gefolge. Wir gingen zurueck zum Teehaus. Unterwegs mussten einige Haende geschuettelt werden. Alle Menschen begegneten mir freundlich schienen Interesse an mir zu haben, ohne mir etwas verkaufen zu wollen. Nach dem naechsten Tee gingen wir gemeinsam was Essen bzw. ich ass und die anderen sassen dabei. Irgend jemand bezahlte – in der ganzen Zeit in Vice bezahlte ich nichts mehr. Alles was ich ass oder trank wurde bezahlt. Natuerlich versuchte ich zwischen durch meine Rechnung selber zu bezahlen, ohne Erfolg. Spaeter, nach der Besichtigung einer Burgruine, kehrten zum Teehaus zurueck, um uns das Fussballspiel Deutschland gegen Spanien anzuschauen. Im Teehaus wartete Ufuk dort sitzend auf mich. Er begruesste mich wie einen alten Freund mit Wange an Wange druecken links und rechts – langsam wunderte mich gar nichts mehr. Er entschuldigte sich dafuer, dass er mich nicht beherbergen kann, seine Wohnung sei leider mit 2 Gaesten voll. Er bringt mich bei zwei Freunden unter - also kein Problem.

05.07.10 – 06.07.10 in Varvaran



In Anbetracht dass wir heute schon den 12.07. haben und ich fast eine Woche im Block aufzuholen habe, werde ich mal wieder versuchen mich ein wenig kuerzer zu fassen. Die letzten Bilder sind alle samt mit Stefans Kamera bzw. auch von ihn geschossen, meine steht mir ja nicht mehr zur Verfuegung – wie ihr wisst.
Am Montag haben Stefan, sein Hund Schecky (weiss nicht ob sein Name s geschrieben wird) und meine Wenigkeit eine kleine Wanderung in der Umgebung unternommen. Zuvor hatte ich mich bei Schopper erkundigt, ob es denn ein Weg gibt und wie wir den finden. Kurz nach 9 d.h. nach dem vereinbarten Treffzeitpunkt gingen wir los. Wie schon erwaehnt, kannten wir die Richtung die wir einschlagen mussten und hatten ein paar weitere Angaben ueber den Weg. Als wir etwa nach einer dreiviertel Stunde in bewaldetes Gebiet kamen, waren an einigen Baeumen Wegmarkierungen zu entdecken, die offensichtlich einem Wanderweg zuzuordnen waren. Ansonsten fand ich den Weg entgegen Stefans Meinung nicht gerade besonders attraktiv (so weit das ein Weg sein kann). Fuer meinen Geschmack wurde die Strecke scheinbar mehr von Autos bzw. Transportfahrzeugen als von Fussgaengern benutzt. Was anhand der Spuren deutlich zu sehen war, die mancherorts tief und verschlammt waren. Auch nervte das hohe Gras und so wieso die Fliegen. Ihr merkt schon, ich war ein wenig noergelig. Mit der Markierung war es dementsprechend: Manchmal war sie finden und dann wieder lange Zeit nicht. Der Weg wurde schon lange nicht mehr als Trail gepflegt. Vermutlich noch ein Ueberbleibsel aus den 80ziger Jahren. Als noch alles beim Alten war.
Als sich irgendwann der Weg voellig verabschiedet hat, wir zu einer Strasse kamen. Zu der wir nach einen vergeblichen Versuch den Trail zu folgen wieder zurueck kehrten, beschlossen wir gegen 14:30 die Strasse zu folgen, die uns nach Tserevo fuehrte. Dort trennten wir uns nach einem Bier: Stefan ging in den Ort und ich zurueck nach Varvaran. Wohin mich nach kurzer Zeit ein Paarchen beim Trampen mitnahm. Fuer den Abend hatten Stefan und ich uns wieder an der Bude verabredet. Doch zunaechst habe ich mich in meinem Domizil zurueck gezogen – das war schoen!
Als wir uns am Abend an der Bude wiedertrafen und ein Bier zu uns nahmen, gesellte sich ein Paarchen zu uns an dem Tisch: Sie war offensichtlich eine Zigeunerin, er Schweizer. Beide waren schon laenger verheiratet und lebten im Ort. Gemeinsam verbrachten den Abend. Spaeter dann noch in dem nahe gelegenen Haus der Beiden. Dieser Abend bestaetigte mein Eindruck von dem Ort und relativierte damit mein Bild von Bulgarien...Denn Rest lass ich mal offen.
Meinen letzten Tag in Varvaran verbrachte ich ueberwiegend in mein Zimmer – was absolut in Ordnung war. Fuer Mittwoch stand die Tuerkei auf dem Zettel.

04.07.10 nach Varvaran



In der Nacht habe ich mir mehrmals das Knie an Stefan Bett gestossen. Das im ausgeklappten Zustand ueber meine Couch ragt und dementsprechend den Bewegungsradius nach oben einschraenkt.
Nach dem Fruehstueck sassen Stefan und ich noch lange zusammen und fuehrten ein angeregtes Gespraech. Als ich dann gegen halb 2 so langsam aufbrechen wollte, merkte ich, dass mich Stefan lieber weiter als Gesellschaft haben moechte.
Mit meinen Gepaeck bevorzugte ich als Wegstrecke nach Varvaran die kurze Variante der Strasse. In der Pension von Schopper bekam ich ein schoenes Zimmer. Nach dem Einkauf von einigen Lebensmitteln ass ich zunaechst und genoss es mich in dem grossen Bett gemuetlich zu machen. Dabei schaute ich ein wenig deutsches Sonntagnachmittagsprogramm im Fernseher: Hier liess es sich aushalten – dachte ich. Am Abend bin dann noch gemeinsam mit Schopper in einem gutem Restaurant des Ortes Essen gegangen. Unterwegs stellte ich fest, dass in dem kleinen 300 Seelen Ort einige Langhaarige wohnen. Das Nest war mir sympatisch. Nach dem Essen – was wirklich gut war und nur wenig gekostet hat – gingen wir zurueck zu Schoppers Huette. Ich wusste, dass nur wenig Touristen im Ort waren. Aber der Ort praesentierte sich voller Leben: Die Einwohner des Ortes eben es scheinbar sich zu praesentieren. Sie schotten sich nicht ab, wie wir Deutsche. In solchen Orten von der Groesse Varvarans oder auch noch viel groesseren Orten, wuerden wir in Deutschland niemals so viele Menschen Abends auf den Strassen bzw. in der Oeffentlichkeit sehen. Witzig fande ich, dass die Einwohner es scheinbar lieben draussen im Vorgarten oder vor dem Haus auf der Strasse Fernsehen zu schauen.
Spaeter am Abend traf ich dann noch Stefan auf ein Bier an der Bude. Danach verabschiedeten wir uns mit einer Verabredung fuer den folgenden Tag. Wir beschlossen morgen eine kleine Wanderung zum nahe gelegenen Huegel zu unternehmen.

Sonntag, 11. Juli 2010

03.07.10 in Tserevo




Die Nacht in dem Camper war nicht so berauschend. Waehre ich nicht so muede gewesen haette ich vermutlich gar nicht geschlafen. Nach dem Fruehstueck kam das naechste Problem des Camperlebens auf mich zu: Ich musste ganz dringend auf Toilette. Zunaechst versuchte ich es so lange hinaus zuzoegern bis wir in den nahen Ort Varvaran gegangen sind, wie wir am Vortag schon beschlossen hatten. Doch irgendwann war das Beduerfnis mich zu erleichtern einfach zu gross. Also musste ich Wohl oder Uebel den vorhandenen Lokus benutzen. Das Ding war so gross wie ein Toepfchen fuer Kinder. Als ich mir nach der Tat die Bescherung anschaute, fragte ich mich wie ich den “Schaden“ wieder in Ordnung bringen koenne. Mein Geschaeft war ein Ordentliches. Und wie ich den Haufen durch das kleine Loch bringen sollte, war mir zunaechst schleierhaft. - Und – nach einigen Pumpen hier - und Pumpen da – war es – ich kurz vor der Verzweiflung – geschafft! Danach fragte ich mich, ob ich mir dass noch laenger antun moechte. Denn Duschen konnte ich hier auch mehr schlecht als recht. Stefan war zwar mit so'ne Art Campingdusche ausgestattet. Doch als ich das Ding sah, hatte ich auch schon keine Lust mehr es auszuprobieren.
Um 17 Uhr (bulgarische Zeit) war das Spiel gegen Argentinien: das wollte ich auf jeden Fall sehen. Aber da ich auch gerne ein wenig im Internet meine Geschaefte erledigen wollte und Stefan meinte an einer Bude Online gehen zu koennen, brachen wir schon gegen 13 Uhr auf nach Varvaran. Laut Stefan ist der Ort nur ein Katzensprung entfernt. Doch da wir den schoenren Weg laengs des Wassers waehlten, trafen wir 45 Minuten spaeter ein.
Denn Nachmittag verbrachten wir an der Bude: was wirklich nett war. Schon nach kurzer Zeit kamen wir mit einem Typen ins Gespraech der mit einem Kumpanen den ersten Schnaps getrunken hatte. Der Typ namens Schopper, sprach ein recht ordentliches Deutsch und es dauerte nicht lange, dass auch wir das erste Bier auf dem Tisch stehen hatten. Es stellte sich heraus, dass Schopper eine Pension im Ort hat. Die mit einem Uebernachtungspreis von 10 Euro, Dusche und WiFi fuer mich sehr verlockend klang. Nach kurzer Ueberlegung teilte ich ihn mit, dass ich ab morgen bei ihn schlafen werde. Ich wollte Stefan nicht beleidigen: Es war sehr nett von ihn mich aufzunehmen, doch ich wusste, auf Dauer war das wilde Campen nichts fuer mich. Auf einem Campingplatz mit Dusche und ordentlicher Toilette waere ja o.k. gewesen. Auch musste ich mich ein wenig schonen. Schliesslich habe ich noch eine etwas laengere Reise vor mir. Und warum soll ich mir das Leben unnoetig schwer machen. Als Stefan meinen Plan mitteilte, wirkte er schon ein wenig betroffen. Na ja, was soll man machen – die Nacht werde noch bei ihn verbringen.
Als das Spiel begann und Deutschland schon nach kurzer Zeit das 1:0 schoss, jubelten alle: Varvaran wurde mir mehr und mehr sympatisch.
Nach dem Spiel ging ich mit Stefan zurueck zum Camper und auch relativ zeitig auf die Couch.

02.07.10 von Varna nach Tservo

Am Morgen war also wieder Busfahren angesagt. Als ich gegen 9 Uhr die Wohnung von Galin verliess, war er noch nicht aufgestanden. Somit musste ich mich ohne Verabschiedung aus dem Haus schleichen – natuerlich hinterliess ich einen Abschiedszettel. Mit Sack und Pack machte ich mich auf dem Weg zum Busbahnhof. Und Sack und Pack war es im wahrsten Sinne des Wortes: Neben meinen geliebten Rucksack hatte ich eine Tuete mit Lebensmittel sowie meine neuste Errungenschaft das Notbook zu tragen.
Der Busbahnhof von Varna beinhalte unter anderen eine Halle mit Geschaeften, Fahrkartenschalter und natuerlich Warteraum. Im Grossen und Ganzen nichts Welt bewegendes und doch gab es dort etwas ganz besonderes: Unter dem Dach nisteten eine ganze Menge Voegel, die wohl gerade ihre frische Brut zu versorgen hatten. Dadurch waren die Voegel Eltern ganz schoen gefordert und flogen staendig hin und her, um Futtern fuer die Jungtiere heranzuschaffen. Aus dem stetigen Geflatter, was erhebliches Leben in die Bude brachte, fabrizierte die Vogelschar einen unglaublichen Sound in der Halle – ich fand dass toll!
Um nach Tservo zu gelangen, was ein kleines Nest am Schwarzen Meer ist, musste ich in Bursa umsteigen. In Tservo werde ich meinen naechsten Couchsurfer treffen: Stefan, einen Deutschen sich dort mit seinem Wohnmobil aufhaelt. Da Stefan kein Telefon hat was zudem die Kommunikation erschwerte, haben wir uns um 18 Uhr an einem Schiffsfrack verabredet, welches als Denkmal in der Stadt stehen soll.
Als ich gegen 13:15 in Burgas mal wieder bei heissen Sonnenschein eintraf, musste ich nur kurz auf den Anschlussbus warten. So sass ich mit meinem Zeug wartend auf einer Art Tribune und machte wie gewoehnlich ein paar Fotos. Da kam ein Typ auf mich zu der wohl zu den unergruendlichen Buspersonal zu zaehlen war und deutete auf ein Kleinbus. Gut, dachte ich, ist zwar nicht der angegebene Abfahrsteig - aber egal. Also das Zeug gepackt - ich dorthin. Da waren aber schon eine ganze Menge Leute samt Gepaeck. Die sollen alle in dem Kleinbus, dachte ich. Mit diesen Gedanken stand vor dem Bus und beobachtete wie der Bus immer voller wurde. Und, wie ich schon befuerchtete, war fuer mich kein Platz. Ein anderer, sehr gestresst wirkender Typ, machte mir daraufhin deutlich, dass in halben Stunde ein weiterer Bus, dieses Mal von dem angegebenen „Busabfahrpunkt“ fahren wird. Also ich wieder zurueck mit dem Gelumpe.- Bei all dem machte ich fleissig Fotos. - Da sass ich wieder wo ich schon zuvor sass. Eine halbe Stunde spaeter bewegte sich ein zuvor geparkter Bus auf die Wartenden zu und hielt. Am Steuer machte ich den Stressman aus. Das ist er wohl - Ich schulterte den Rucksack, nahm die Plastiktuete mit den Fressalien, das Notbook; ging zum Bus und nahm Platz. Nichts, wirklich gar nichts, machte mich stutzig; ich war sicherlich im Arsch; hatte in der letzten Zeit nicht viel geschlafen; zudem kam die Hitze; all dies mag fuer meine Unkonzentriertheit verantwortlich gewesen sein. Denn, als ich nach 2-stuendiger Fahrt aus dem Bus stieg stellte ich fest, dass mein Fotoapparat nirgends zu finden war. Ich konnte es gar nicht glauben! Doch – nach reichlicher Ueberlegung und Rekonstruktion der Vorfaelle. Kaum nur die Moeglichkeit in Betracht, dass ich die Kamera auf der Tribune vergessen haben muss. Als ich dort sass, hatte ich sie wohl unreflektiert neben mir auf die Bank gelegt. Beim Aufbruch habe ich nur die groesseren Gepaeckstuecke und den Bus vor mir gesehen. Das kleine Ding ist wohl mit der Bank verschmolzen …
Beim Gang in die Stadt musste ich diesen Verlust erst einmal verschmerzen: Dass war hart! Gott sei Dank hatte in Varna zuletzt die Aufnahmen auf meinen USB-Stick gesichert. Somit zumindest der Verlust der Fotos einigermassen zu verkraften.
In der Stadt sah ich eine Touristeninfo und ging hinein. Das Maedel dort sah mich mit grossen Augen an. Ich stellte zunaechst meine obligatorische Frage: Do you speak English oder Deutsch? „A little“, war mal wieder die Antwort. Also fragte ich nach dem Schiffsfrack, dass als Monument bestimmt bekannt ist. Doch das Maedel verstand nichts. Monument war fuer sie ein Fremdwort womit sie nichts anfangen konnte. O.k. - was soll's – Ich werde es auch so finden. Und was soll ich sagen: ein paar Schritte spaeter stand ich auf einmal vor dem Schiffsfrack. Gut, dass waere also erledigt. Mittlerweile war es halb 4. Bald wuerde das Viertelfinale Brasilien gegen Holland beginnen. Da traf es sich gut unmittelbar hinter dem Monument eine Gaststaette zu entdecken, die mit einem Fernseher auf der Terrasse ausgestattet war. Dort wartete ich bis kurz vor 18 Uhr. Dann ging ich einmal um das Denkmal herum, wo nach wenigen Minuten Stefan mit seinen Hund auf mich zu kam. Nach der Begruessung gingen wir gemeinsam zurueck in die Kneipe und ich konnte mir das Spiel bis zum Ende anschauen.
Stefan befindet sich seit gut einer Woche in Bulgarien. Da er schon seit 3,5 Jahren durch Europa reist ist inzwischen sein Reisepass fast abgelaufen. Nun moechte er weiter nach Syrien, Iran und so weiter. Dafuer benoetigt er einen neuen Pass, den er in der Botschaft in Sofia beantragen muss. Zu Stefans Unglueck verlangt die Botschaft von ihm eine Geburtsurkunde, weil er in Deutschland keinen Wohnsitz vorweisen kann. Deswegen muss zunaechst seine Mutter die Geburtsurkunde zur Botschaft schicken und erst dann kann er den Pass beantragen. Insgesamt wird das locker 7 Wochen dauern. Also damit steht fest, Stefan hat noch einige Zeit zu warten.
Nach dem Fussballspiel machten wir uns auf dem Weg zu seinen Camper. Als wir aufbrachen meinte Stefan, dass es etwa ein Fussmarsch von einer Stunde brauch, um dort anzukommen. - Wir waren ca. 1,5 Stunden unterwegs. Dabei stellte ich mal wieder fest, dass mich ein laengerer Walk mit Ausruestung ganz schoen fordert. Fuer zukuenftige Trekkingaktionen muss ich mir wohl noch war einfallen lassen.
Fuer den weiteren Abend vor dem Camper haben wir uns ein wenig Plauderwasser aus der Stadt mitgenommen, das gegen Mitternacht auch aufgebracht war. Woraufhin wir uns auch bald schlafen legten.