Samstag, 17. Juli 2010
08.07.10 in Vice
Die beiden Freunde von Ufuk waren sehr nett. Gemeinsam arbeiten alle in einer Zementfabrik und mussten um 8:30 bei der Arbeit sein. Mangels zweitem Schlüssel musste ich damit ebenfalls morgens die Wohnung verlassen.
(Ich sparte mir über die Schlüsselaktion groß Gedanken zu machen – die Leute waren mir wohlgesonnen und hegten, so viel ich einschätzen konnte, mir gegenüber kein Misstrauen: - Aber weiß man dies wirklich? In wie weit sind wir in der Lage einen Menschen zu durchschauen? Vor allem, wenn er einer fremden Kultur angehört. Natürlich glauben wir Türken zu kennen. Doch nachdem ich in Vice so herzlich von den Menschen aufgenommen wurde, viel es mir um so schwerer sie einzuschätzen. War ihre Herzlichkeit echt? Oder war ihre Gastfreundschaft nur aufgesetzt? Zusammenfassend muss ich sagen, war ich von der Freundlichkeit der Menschen in dem Ort beeindruckt. Vermutlich bin ich zu gutgläubig, um den Menschen ständig mit Argwohn zu begegnen; es tat mir gut das Verhalten der „fremden Menschen“ als authentisch anzunehmen. Als ein Verhalten, dass ihrem Naturell und damit ihren Herzen entspringt. Es war kompatibel mit dem Ideal meines Weltbildes, ein Überbleibsel meiner Hippie Mentalität – Achim würde vermutlich sagen, die Hippies haben mich verkorkst!)
Nach dem Fruehstueck, das die beiden Kollegen immer in einem Restaurant einnehmen und das entweder aus Suppe oder Boerek besteht, streifte ich durch den Ort. Dabei landete ich mehr oder weniger unbewusst am Busbahnhof. Die ganze Zeit schon ging mir eine neue Kamera durch den Kopf. Da in der Türkei auf alle importierten Produkte hohe Steuern erhoben werden, sah ich einzig in Istanbul eine Chance einigermaßen günstig an ein neues Exemplar zu gelangen. Da ich sowieso nichts besseres zu tun hatte und ich die Idee ganz reizvoll fand Istanbul einen Kurzbesuch abzustatten, entschloss ich mich nach Istanbul zu fahren.
Der Busbahnhof in Istanbul war unglaublich und ziemlich groß: Hunderte Busse; eine logistische Herausforderung, die vielleicht nur unter einer weniger stringenten Ordnung im fluss bleibt und reibungslos funktioniert. Wie ihr sicherlich wisst, pflegen die Türken auch in ihrem Land den Cross-Over-Stil. D.h.: Regel und Vorschriften sind in jede Richtung dehnbar. Beim Busfahren wurde mir dass besonders deutlich. Überall wurde gehalten, ein-oder ausgestiegen, alles wurde transportiert, Türen standen während der Fahrt offen, oft sah ich Leute auf der Autobahn herumlaufen usw. Aber es funktioniert. Vermutlich besser als es sonst funktionieren würde. Und irgendwie finde ich den Stil auch gut. Auch wenn ich mich in Deutschland manchmal über die in zweiter Reihe parkenden Türken aufrege.
Wie soll ich dieser Stadt den Media-Markt oder Aldi finden, dachte ich. Beides soll hier angeblich zu vorhanden sein. Da sah ein den Schriftzug eines Praktiker-Marktes am Horizont. Wenn da ein Praktiker-Markt ist, könnten dort noch weitere Geschäfte sein. Und so war es auch: In unmittelbarer Nähe des Busbahnhofs von Istanbul befindet sich die groesste Shoppingcenter-Mail Europas, wie ich später erfuhr. Alle möglichen deutschen Geschäfte waren zu finden. Darunter ein Saturn-Markt. In dem Einkaufszentrum erlebte ich ein völlig neues Einkaufsgefühl: Ein entspanntes Einkaufen; es war nichts los; freundliches Personal; bei Saturn nahm sich meiner der Verkaufsmanager an – der natürlich deutsch sprach. In dem Geschäft kaufte ich schließlich für ca. 70 Euro mit die günstigste Kamera, die zu bekommen war. Trotzdem war der Typ nett zu mir, als ob ich gerade für 1000 Euro eingekauft hätte. Am Ende gab er mir seine Karte und meinte ich solle mich nicht scheuen ihn anzurufen falls irgendwelchen Schwierigkeiten bestehen. Auch würde er sich über eine Nachricht per Email freuen.
Oft habe ich den Ausdruck des Erlebniseinkaufs vor allen während meines Soz.-Paed. Studiums gehört. In dieser Shoppingcenter-Mail habe ich erfahren was „Die“ damit meinen. Nachdem ich dort noch was gegessen habe, ein wenig Obst und eine Türkei sowie Istanbuler Karte gekauft habe, bin ich mit nächsten Bus wieder nach Vice zurückgefahren.
In Vice ging ins Teehaus, bestellte einen Tee und hatte gerade ein paar Zeilen mit dem Netbook geschrieben, als Necdet vor mir stand (Necdet ist einer meiner Gastgeber), um mich abzuholen. Zunächst war Abendessen angesagt und dann fiel heute die Vorentscheidung in der Stadtmeisterschaft im Volleyball. Wobei meiner zweiter Gastgeber, Necdets Freund und Mitbewohner, in einer der Mannschaften mitspielt. Nach dem Essen ging es also in die Sporthalle, um Volleyball zu schauen. Dort trafen wir dann auch Ufuk wieder, der mit einen weiteren Couchsurfer, einen Gast aus Schweden, unterwegs war. Das Spiel sowie die ganze Szenerie fand ich interessant. Besonders bemerkenswert fand ich das große Bild von Atatürk, welches in der Halle hang.
Als das Volleyball vorüber war, wollte Ufuk uns Couchsurfer noch etwas von der städtischen Kultur zeigen. In Vice gibt es eine sehr alte Moschee, die auch mal eine Kirche war. Mit gespendeten Mitteln wurde sie vor kurzen vollständig restauriert. Wir erschienen kurz vor dem Abendgebet und die Gläubigen wurden zum Gebet in die Moschee gerufen: ein unglaublicher Sound – fand ich – wie Psychodelic Music.
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hi!
AntwortenLöschenerstmal coole sache mit der reise und dem blog.
man fühlt sich so als wär man selber unterwegs. :D
aber auf eins wollt ich dich noch hinweisen:
ort heißt vize, nicht vice (wird ausgesprochen wie wiese).
grüße,
onur
hi!
AntwortenLöschenerstmal coole sache mit der reise und dem blog!
man kommt sich so vor, als würde man selber reisen. ;)
aber auf eins wollte ich noch hinweisen: der ort heißt vize und nicht vice (wird wie wiese ausgesprochen).
grüße und weiter so. bin gespannt!
onur