Am Morgen war also wieder Busfahren angesagt. Als ich gegen 9 Uhr die Wohnung von Galin verliess, war er noch nicht aufgestanden. Somit musste ich mich ohne Verabschiedung aus dem Haus schleichen – natuerlich hinterliess ich einen Abschiedszettel. Mit Sack und Pack machte ich mich auf dem Weg zum Busbahnhof. Und Sack und Pack war es im wahrsten Sinne des Wortes: Neben meinen geliebten Rucksack hatte ich eine Tuete mit Lebensmittel sowie meine neuste Errungenschaft das Notbook zu tragen.
Der Busbahnhof von Varna beinhalte unter anderen eine Halle mit Geschaeften, Fahrkartenschalter und natuerlich Warteraum. Im Grossen und Ganzen nichts Welt bewegendes und doch gab es dort etwas ganz besonderes: Unter dem Dach nisteten eine ganze Menge Voegel, die wohl gerade ihre frische Brut zu versorgen hatten. Dadurch waren die Voegel Eltern ganz schoen gefordert und flogen staendig hin und her, um Futtern fuer die Jungtiere heranzuschaffen. Aus dem stetigen Geflatter, was erhebliches Leben in die Bude brachte, fabrizierte die Vogelschar einen unglaublichen Sound in der Halle – ich fand dass toll!
Um nach Tservo zu gelangen, was ein kleines Nest am Schwarzen Meer ist, musste ich in Bursa umsteigen. In Tservo werde ich meinen naechsten Couchsurfer treffen: Stefan, einen Deutschen sich dort mit seinem Wohnmobil aufhaelt. Da Stefan kein Telefon hat was zudem die Kommunikation erschwerte, haben wir uns um 18 Uhr an einem Schiffsfrack verabredet, welches als Denkmal in der Stadt stehen soll.
Als ich gegen 13:15 in Burgas mal wieder bei heissen Sonnenschein eintraf, musste ich nur kurz auf den Anschlussbus warten. So sass ich mit meinem Zeug wartend auf einer Art Tribune und machte wie gewoehnlich ein paar Fotos. Da kam ein Typ auf mich zu der wohl zu den unergruendlichen Buspersonal zu zaehlen war und deutete auf ein Kleinbus. Gut, dachte ich, ist zwar nicht der angegebene Abfahrsteig - aber egal. Also das Zeug gepackt - ich dorthin. Da waren aber schon eine ganze Menge Leute samt Gepaeck. Die sollen alle in dem Kleinbus, dachte ich. Mit diesen Gedanken stand vor dem Bus und beobachtete wie der Bus immer voller wurde. Und, wie ich schon befuerchtete, war fuer mich kein Platz. Ein anderer, sehr gestresst wirkender Typ, machte mir daraufhin deutlich, dass in halben Stunde ein weiterer Bus, dieses Mal von dem angegebenen „Busabfahrpunkt“ fahren wird. Also ich wieder zurueck mit dem Gelumpe.- Bei all dem machte ich fleissig Fotos. - Da sass ich wieder wo ich schon zuvor sass. Eine halbe Stunde spaeter bewegte sich ein zuvor geparkter Bus auf die Wartenden zu und hielt. Am Steuer machte ich den Stressman aus. Das ist er wohl - Ich schulterte den Rucksack, nahm die Plastiktuete mit den Fressalien, das Notbook; ging zum Bus und nahm Platz. Nichts, wirklich gar nichts, machte mich stutzig; ich war sicherlich im Arsch; hatte in der letzten Zeit nicht viel geschlafen; zudem kam die Hitze; all dies mag fuer meine Unkonzentriertheit verantwortlich gewesen sein. Denn, als ich nach 2-stuendiger Fahrt aus dem Bus stieg stellte ich fest, dass mein Fotoapparat nirgends zu finden war. Ich konnte es gar nicht glauben! Doch – nach reichlicher Ueberlegung und Rekonstruktion der Vorfaelle. Kaum nur die Moeglichkeit in Betracht, dass ich die Kamera auf der Tribune vergessen haben muss. Als ich dort sass, hatte ich sie wohl unreflektiert neben mir auf die Bank gelegt. Beim Aufbruch habe ich nur die groesseren Gepaeckstuecke und den Bus vor mir gesehen. Das kleine Ding ist wohl mit der Bank verschmolzen …
Beim Gang in die Stadt musste ich diesen Verlust erst einmal verschmerzen: Dass war hart! Gott sei Dank hatte in Varna zuletzt die Aufnahmen auf meinen USB-Stick gesichert. Somit zumindest der Verlust der Fotos einigermassen zu verkraften.
In der Stadt sah ich eine Touristeninfo und ging hinein. Das Maedel dort sah mich mit grossen Augen an. Ich stellte zunaechst meine obligatorische Frage: Do you speak English oder Deutsch? „A little“, war mal wieder die Antwort. Also fragte ich nach dem Schiffsfrack, dass als Monument bestimmt bekannt ist. Doch das Maedel verstand nichts. Monument war fuer sie ein Fremdwort womit sie nichts anfangen konnte. O.k. - was soll's – Ich werde es auch so finden. Und was soll ich sagen: ein paar Schritte spaeter stand ich auf einmal vor dem Schiffsfrack. Gut, dass waere also erledigt. Mittlerweile war es halb 4. Bald wuerde das Viertelfinale Brasilien gegen Holland beginnen. Da traf es sich gut unmittelbar hinter dem Monument eine Gaststaette zu entdecken, die mit einem Fernseher auf der Terrasse ausgestattet war. Dort wartete ich bis kurz vor 18 Uhr. Dann ging ich einmal um das Denkmal herum, wo nach wenigen Minuten Stefan mit seinen Hund auf mich zu kam. Nach der Begruessung gingen wir gemeinsam zurueck in die Kneipe und ich konnte mir das Spiel bis zum Ende anschauen.
Stefan befindet sich seit gut einer Woche in Bulgarien. Da er schon seit 3,5 Jahren durch Europa reist ist inzwischen sein Reisepass fast abgelaufen. Nun moechte er weiter nach Syrien, Iran und so weiter. Dafuer benoetigt er einen neuen Pass, den er in der Botschaft in Sofia beantragen muss. Zu Stefans Unglueck verlangt die Botschaft von ihm eine Geburtsurkunde, weil er in Deutschland keinen Wohnsitz vorweisen kann. Deswegen muss zunaechst seine Mutter die Geburtsurkunde zur Botschaft schicken und erst dann kann er den Pass beantragen. Insgesamt wird das locker 7 Wochen dauern. Also damit steht fest, Stefan hat noch einige Zeit zu warten.
Nach dem Fussballspiel machten wir uns auf dem Weg zu seinen Camper. Als wir aufbrachen meinte Stefan, dass es etwa ein Fussmarsch von einer Stunde brauch, um dort anzukommen. - Wir waren ca. 1,5 Stunden unterwegs. Dabei stellte ich mal wieder fest, dass mich ein laengerer Walk mit Ausruestung ganz schoen fordert. Fuer zukuenftige Trekkingaktionen muss ich mir wohl noch war einfallen lassen.
Fuer den weiteren Abend vor dem Camper haben wir uns ein wenig Plauderwasser aus der Stadt mitgenommen, das gegen Mitternacht auch aufgebracht war. Woraufhin wir uns auch bald schlafen legten.
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