the blue moon

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Donnerstag, 20. Mai 2010

17.05.10 von Poprad nach Budapest



Zunaechst regnete es nicht. Doch wer glaubt, dass sich das Wetter verbessern wuerde, wird enttaeuscht sein zu hoeren, dass schon kurz nach Verlassen der Wohnung es wieder begann zu schuetten. Dabei wehte ein unangenehmer kalter Wind. Allen Anschein nach ist es die beste Entscheidung Poprad zu verlassen.
Als der Einkauf fuer die 9-stuendige Zugfahrt erledigt war, machte ich mich auf dem Weg zum Bahnhof, der sich ganz in der Naehe der Wohnung sowie des Geschaeftes befand. Insofern war es kein grosser Akt am fruehen Morgen. Dort angekommen prognostizierte die Bahnhofsanzeige eine 25-minuetige Verspaetung des Zuges. Alles nicht so schlimm: Mit Tocotronic im Ohr, nach einer Inspektion des Bahnsteigs, setzte ich mich zu den anderen Wartenden in die Halle.
Auf dem Bahnsteig stehend konnte ich durch die Fenster des vorbeifahrenden Zuges in einem Abteil die raeckelden Arme einer Person erkennen, die offensichtlich auf den Sitzen lag: 100-pro ein Zigeuner dachte ich, und musste lachen. Denn die erwaehnten Zigeuner von der Hinfahrt nach Poprad, machten sich ebenfalls auf den Sitzen bequem. Auch musste ich an den Dokumentarfilm ueber die im Umkreis von Poprad lebenden Zigeuner denken, den Branko, Kadri und ich, gestern zusammen via Computer gesehen haben: Eine Aufzeichnung ausgestrahlt von ARTE. Der Beitag machte zweierlei deutlich: Auf der einen Seite leben die Zigeuner in Ghettos von den uebrigen Buergern des Landes getrennt, angewiesen auf staatliche Unterstuetzung, ohne Hoffnung und Perspektive auf Veraenderung ihres Status quo sowie Chance auf eine "vernuenftige" dauerhafte Beschaeftigung. Weil, keiner will ihnen Arbeit geben; traut ihnen; denkt, dass sie dazu in der Lage sind eine gegebenen Aufgabe gewissenhaft zu erledigen. Auf anderen Seite - vermutlich auch ein wenig durch das Fremdbild und den Umstaenden bedingt - haben sich die Zigeuner eine zweifelhafte, durchaus provozierende "Nehmermentalitaet" angeeignet, der die Gemueter erhitzt. Mit einer geradezu unverschaehmten Selbstverstaendlichkeit ziehen sie ohne Kompromisse ihren Stil durch und beharren darauf, dass die Gesellschaft fuer sie zu sorgen hat. Gebaehren 12, 13 oder 14 Kinder, leben in den Tag hinein und machen nichts. An dem Tag an dem sie ihre staatliche Unterstuetzung bekommen, feiern sie, machen Party und geben nicht selten ihr gesamtes Geld aus. Diskrimieren sich gegenseitig: Z.B. werfen die Zigeuner aus dem einem Dorf, denen im Nachbardorf vor, dass sie die Hunde klauen und essen; auch das die Anderen sowieso Diebe sind und sie selbst ganz ordentliche Menschen sind. Aber, wie gesagt, eine wirkliche Chance aus dem Teufelskreis auszubrechen haben sie nicht. Ergaenzend sei im Zusammenhang mit der Population der Slowakei erwaehnt, einen darueber hinaus nennenswerten Auslaenderanteil gibt es nicht.
Als Poprad schon einige Kilometer hinter uns lag. scheint das Gebirgsmassiv der Tatra durch eine Wolken-Nebel-Formation. Es ist, als erhaschte man einen Blick in eine andere Welt. Offensichtlich war in der vergangenen Nacht Neuschnee gefallen. Der die Schneegrenze einige hundert Meter unterhalb meiner Erfahrungen vermuten laesst. Auf ein anders Mal, sage ich zu mir. Denn irgend wann werde ich die abgebrochene Tour wieder aufnehmen und mein urspruengliches Vorhaben einer Streckenwanderung in der Gegend, vielleicht besser in der Mala Fatra verwirklichen.
Die Zugfahrt verlief angenehm ruhig und gemaechlich. Ewig haette ich weiterfahren koennen. Der Zwischenstop in Bratislava war auch angenehm.


Dort setzte ich mich in einem Cafe im Bahnhof, bestellte fuer meine letzten Euromuenzen einen Kaffee und versendete mit meinem Telefon via W-Lan ein paar Emails. (Waere fuer mich uebrigens mal ganz interessant, ob die angekommen sind. Also bitte eine Rueckmeldung.)
Puenktlich traf der Zug in Budapest ein.



Kaum ausgestiegen kammen auch schon die ersten Anbieter von Zimmern oder Taxi auch mich zu. Wie Hindernisstangen umkurvte ich die Schildertraeger mit dem sicherem Gefuehl untergebracht zu sein. Als erstes brauchte ich ungarisches Geld. Also eine Bank. Schnell fand ich Abhilfe im Umkreis des Bahnhofs. Im Geschaeft quasi daneben, kaufte ich eine Flasche Rotwein als Mitbringsel. Mein neuer Gastgeber hat mir eine Wegbeschreibung mit seiner Nachricht zukommen lassen. Diese habe ich im Internetcafe in Poprad von dem Maedel ausdrucken lassen.
- In dem Zusammenhang: Ihr koennt euch gar nicht vorstellen, wie schwierig es z.T. ist mit Rechnern zu schreiben und sonstiges zu veranstalten, wenn die Tastatur sowie Sprache diverse Besonderheiten aufweisst. Damit bitte ich gleichzeitig um Nachsicht fuer Schreibfehler. -
In der Wegbeschreibung waren auch einige Buslinien vermerkt, zu dem mir am Bahnhof schliesslich erst ein Busfahrer konkretere Auskunft geben konnte. Ich mache es kurz: Es war natuerlich wieder alles viel schwieriger als man mit einer Wegbeschreibung in der Hand vermuten wuerde. Nach ungefaehr 1,5 Stunden stand ich vor Herr Feketes Haus. Ein durchaus impulsantes Gebaeude: 3 Etagen, auf geschaetzte 100 qm Grundflaeche, mit 500 qm Garten dabei.



Ein aeltere Herr oeffnete mit auf mein klingeln hin via Summer das Gartentoerchen, und kam mir auch sogleich entgegen.



Sofort legte er auf deutsch los, mir zu erzaehlen, was fuer ein Unwetter gestern ein Baum im Garten zum Umfallen brachte. Der Baum zerstoerte dabei das Stromkabel, sodass gestern abend der kein Strom im Haus war. Doch im Verlauf des Tages hatten Handwerker den Schaden schon wieder behoben. Im Haus zeigte er mir meine Raeumlichkeiten im EG. Ein kleines Zimmer mit Bett ausgestatet mit dem Ueblichen, aber auch unueblichen, wie einem Klavier und einige nette Bildern an den Waenden. Gleich nebenan befand ein kleines Bad. Wir einigten uns schnell auf das Du und er legte auch gleich weiter los: Heizung und warmes Wasser gibt es nicht. Zu teuer und auch unoekologisch. Bettzeug haette ich ja wohl dabei, denn er sei keine Waescherei. O.k., nachdem alle geklaert war, gingen wir nach oben. Eine wirklich schoene, alte Wohnung. Mit Holzfussboden, Kamin, vielen gemalten Bildern, Pflanzen - einen Orangenbaum, mit einer dicken Orange dran - es war wirklich gemuetlich. Sofort holte ich die Flasche Wein hervor und stellte sie auf dem Tisch. Er beobachtete mich was ich in seinen Raeumlichkeiten eines naeheren Blickes wuerdigte. Es war schnell klar: Hier befand ich mich bei einem "anderen" Gastgeber. Nichtsdestotrotz, Mihaly war ein netter, allerdings auch ein wenig kautziger Typ. Sofort bot er mir etwas zu Essen an, und stellte Brot sowie 3 Glaesser mit selbsteingelegtem Schafskaese in Kaeutern und Oel auf dem Tisch. Ich ass 2 Schnitten, wir tranken neben meiner mitgebrachten, eine weitere Flasche Wein und quatschten dementsprechend angeregt bis um 2 Uhr Nachts.

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